Mit kleinen Namenstafeln erinnerten Mitarbeitende der Suchtberatung Kontakt-Rat-Hilfe Viersen und in der Selbsthilfe Engagierte an kürzlich verstorbene Suchtkranke (Foto: Suchtberatung)
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Kreis Viersen. Mit einer Gedenkfeier erinnerte die Suchtberatung Kontakt-Rat-Hilfe Viersen an ehemalige Klienten aus dem Kreisgebiet, die kürzlich an den Folgen ihrer Suchterkrankung verstorben sind.

Fünf kleine Steintafeln liegen auf dem Tisch neben der großen Vase mit weißen Rosen. Fünf Namen sind darauf graviert: Felix, Sascha, Dimitrij, zweimal Alex.  Sie waren unterschiedlich alt, hatten ganz unterschiedliche Geschichten – und eine bittere Gemeinsamkeit: Jeder von ihnen war über eine lange Zeit suchtkrank. „Wir gedenken heute der Menschen aus unserem Kreis, die verstorben sind und mit denen wir zu tun hatten“, sagte Michael Hauser, Leiter der Suchtberatung, am Anfang der Feierstunde zu den anwesenden Hinterbliebenen, Klienten, Angehörigen und Mitarbeitenden.

Zwei dieser ehemaligen Klienten wurden den Gästen besonders vorgestellt. Sozialarbeiterin Claudia Kümmel erzählte die Geschichte von Alex, der in der 60er- und 70er-Jahren in Dülken aufwuchs und bereits mit 16 heroinsüchtig war. „Ich kannte ihn seit 1985“, berichtete die Mitarbeiterin der Suchtberatung Kontakt-Rat-Hilfe. Alex stammte aus einer bürgerlichen Familie, sein Vater war Alhoholiker, er selbst kam als Folge seiner Sucht immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. „Er saß häufig im Gefängnis Und er hatte immer eine große Sehnsucht nach heiler Welt“, erzählte Claudia Kümmel. Alex, der Lkw-Fahrer war, lebte eine Zeit lang in Heidelberg und machte eine Substitutionstherapie. „Das war seine glücklichste Zeit“, sagte Kümmel. Vor einigen Monaten starb Alex im Alter von nur 60 Jahren.

Gerade einmal halb so alt wurde Felix. „Er war einer der Jüngsten von uns“, sagte Michael Gomes, Leiter der Suchtselbsthilfe „Freiheit“. Vor zwei, drei Jahren kam Felix in die Selbsthilfegruppe. „Er hat seine Sucht unterschätzt. Die Sucht war ihm immer einen Schritt voraus“, so Gomes. Er fügte hinzu: „Wir haben den Felix nie aufgegeben, aber irgendwann kam man nicht mehr an ihn heran.“ Der vor wenigen Wochen Verstorbene hinterlässt eine elfjährige Tochter.

Eindringliche Worte fand der Nettetaler Pfarrer Benedikt Schnitzler. „Ich weiß, dass man mit viel Empathie und Nächstenliebe die Menschen unterstützen kann, um ihnen zu signalisieren: Du hast ein lebenswertes Leben“, sagte er. Gleichzeitig hoffe er, „dass wir alle immer wieder die Kraft haben, auch bei den hoffnungslosesten Fällen nach vorne zu schauen“. Jeder Suchtkranke sei heilig, betonte der Pfarrer: „Das bedeutet, dass sie bei Gott sind“.

Gemeinsam sangen die Gäste einige Strophen aus dem Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, dessen Text der Theologe Dietrich Bonhoeffer 1944 aus einem Gestapo-Gefängnis als Weihnachtsgruß an seine Verlobte schrieb. Danach legten sie an der Gedenkwand im Innenhof der Suchtberatung an der Kreuzherrenstraße in Dülken jeweils eine Rose nieder – hier erinnern nun die fünf kleinen Namenstafeln zusammen mit mehr als 20 weiteren an verstorbene Klienten. Sie stehen stellvertretend für alle, die gegen eine Sucht gekämpft haben.

Die Suchtberatung engagiert sich kreisweit und ist für alle Arten von Sucht zuständig. Sie betreut im Jahr rund 800 Menschen aus dem gesamten Kreis Viersen und beschäftigt mehr als 40 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Hauptstelle an der Kreuzherrenstraße 17-19 in Dülken ist unter der Rufnummer 02162-95110 erreichbar. Viele Fragen werden auf der Homepage der Suchtberatung unter www.krh.online.de beantwortet.

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