Übergabe des Vorlasses von Künstler Martin Lersch an das Stadtarchiv (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation)
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Krefeld. Noch bevor Haus Esters ab 1981 als Museum genutzt wurde, zog der Künstler Martin Lersch dort ein – genauer gesagt in das Gartenhaus hinter der Bauhaus-Villa an der Wilhelmshofallee. Das Gartenhaus entstand in den frühen 1920er-Jahren in den Hellerauer Werkstätten bei Dresden. Die Familie Esters hat seinerzeit einen Prototyp erworben und hinter der von Architekt Ludwig Mies van der Rohe konzipierten Villa aufbauen lassen. Als Lersch die Hütte 1978 nach Nachfrage beim damaligen Museumsdirektor Gerhard Storck als Atelierraum beziehen konnte, befand diese sich in einem desolaten Zustand. „Sie sollte sogar abgerissen werden”, erinnert sich der 69-Jährige bei der Übergabe seines Vorlasses im Stadtarchiv Krefeld. Zu dem Abriss des Gartenhauses kam es bekanntlich nicht. Gut zwei Jahre arbeitete dort der gebürtige Mönchengladbacher. Heute hat er sein Atelier im Bahnhof Goch.

Akademische Ausbildung in Krefeld

Der Wirkungskreis von Martin Lersch, Jahrgang 1954, lässt sich an den Niederrhein verorten. Auch während einer mehrjährigen Schaffens- und Lebensphase in Frankreich kehrte er immer wieder in die Region und nach Krefeld zurück. Dort studierte er zunächst von 1971 bis 1973 noch an der Werkkunstschule, die kurze Zeit später ein Teil der Fachhochschule Niederrhein wurde. Als Student engagierte er sich im Asta und im Studentenparlament. Er schrieb für hiesigen Zeitungen über lokale Ereignisse und Sport, wechselte nach einigen Semestern an die Folkwangschule in Essen. Nach seiner akademischen Ausbildung folgte ein reichhaltiges Leben als Maler, Zeichner und Musiker.

Langjährige Verbindung zum Stadtarchiv

„Über einige Künstler wüssten wir gar nichts, wenn man nicht Unterlagen erhalten hätte”, so Olaf Richter, Leiter des Stadtarchivs Krefeld. Von hiesigen Künstlern seien zum Teil nur Namen und wenige Lebensdaten bekannt. „Quellenmangel” nennt das der Archivleiter. Dabei spiegeln auch Künstlervor- und -nachlässe die jeweilige Gegenwart einer Stadtgesellschaft. Hier bemühte sich Richter in den vergangenen Jahren, solche Lücken zu schließen, in dem er unter anderem Dokumenten, Plakate und Fotos vom Krefelder Künstler Caco (Karl-Heinz Ramacher) in den Bestand aufnahm, aber auch von Künstler Will Cassel und dem Grafikerdesigner und Fotograf Theo Windges. Mit ihm zeigte Martin Lersch 2016 gemeinsam die Ausstellung „Beuys sehen – Beuys verstehen?” im Stadtarchiv. Neben anderen Orten wie dem Kunstverein am Westwall in Krefeld wurde Lersch in den vergangenen Jahren immer wieder von Richter eingeladen, seine Arbeiten im Archiv an der Girmesgath zu zeigen, zuletzt unter dem Titel „Krinfelde 1373″ anlässlich des 650. Stadtjubiläums. Diese langjährige Bindung gerade an das Haus war letztlich auschlaggebend, seinen Vorlass dort archivieren zu lassen.

Bestand umfasst aktuelle 46 Mappen

Dem Stadtarchiv Krefeld hat er nun Dokumente, Plakate, Publikationen, Fotos, Skizzen und Reden zu Ausstellungen aus dem Zeitraum 1974 bis 2021 übergeben, aktuell ergänzt um das Material aus den Jahren 2022 und 2023. Zudem gibt es ein Video-Interview mit Lersch. Das schon vorhandene Konvolut wurde von Michaela Plattenteich, Mitarbeiterin im Stadtarchiv, gesichtet und kategorisiert. Es füllt 46 Mappen. Mehrere der erfassten Skizzenblätter besitzen für spätere Historiker einen besonderen Aspekt: Lersch verwendete für Zeichnungen die blanken Rückseiten von Briefen, Rechnungen und weiteren Papieren, die irgendwann in einem gänzlich anderen Zusammenhang als eine zusätzliche spannende, zeitgenössische Quelle dienen können.

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