(Foto: FRIEDENSDORF INTERNATIONAL)
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Oberhausen/Dinslaken. Es sind herzergreifende Szenen, die sich bei der Friedensdorf-Partnerorganisation in Luanda abspielen. Yucelma verließ Angola vor zwei Jahren mit einer angeborenen Fehlstellung (Morbus blount): Ihre Beine verformten sich im Laufe der Jahre so sehr, dass sie nur noch unter großen Mühen laufen konnte. Yucelmas Mama kann beim Wiedersehen kaum glauben, wie toll sich die 13-Jährige heute fortbewegt. Überglücklich schließt sie ihre Tochter in die Arme.

Die Familie des kleinen Haziel (neun Jahre) hat eine Überraschung mitgebracht: Seine Eltern präsentieren ihrem Sohn den jüngsten Familienzuwachs. Haziel ist so gerührt von seinem neuen Geschwisterchen, dass er dass Baby stolz zuerst seinem besten Freund aus dem Friedensdorf zeigt, der zusammen mit ihm die Heimreise angetreten hat.

Auch das Einsatzteam von Friedensdorf International wird mit offenen Armen und Herzen empfangen, obwohl die Familien zum Teil seit vielen Stunden warten. Die Angehörigen der genesenen Kinder sparen nicht mit Dankbarkeitsbekundungen. 20 Mädchen und Jungen sind’s an der Zahl, nach vielen Monaten der Erholung und teils mehreren Operationen kehren sie nach Angola zurück. „Nach-hau-se!“ – „Nach-hau-se!“ – so haben alle Kinder Anfang vergangener Woche im Dorf minutenlang gerufen, als die Rückkehrer sich auf dem Dorfplatz an der Rua Hiroshima in Oberhausen sammelten. Wehmut und Traurigkeit treffen auf Ausgelassenheit und Vorfreude.

Knapp 48 Stunden später ist das Friedensdorf-Einsatzteam um Birgit Hellmuth und Jens Große-Weischede gemeinsam mit 74 angolanischen Schützlingen zurück in Düsseldorf. Die Kinder haben zum Teil schlimme Verletzungen. „Es gibt viele verschiedene Diagnosen“, erklärt Birgit Hellmuth nach der Rückkehr. Gemeint sind unter anderem Leiden wie Knochenmarkentzündungen, massive Fehlstellungen, schwere Narbenkontrakturen nach Brandverletzungen oder urologische Erkrankungen.

Ein Großteil der Kinder stammt aus der Provinz und haben noch schlechteren Zugang zu medizinischer Versorgung, als es in Angola ohnehin der Fall ist. Dazu kommen die nach wie vor bittere Armut, sengende Hitze und der ständig drohende Ausbruch von Krankheiten, etwa durch bakteriell verseuchtes Wasser. Armut, Hunger und Elend dominieren das Stadtleben. Es bricht den Mitgliedern des Einsatzteams fast das Herz, als eine Ärztin in einer Kinderklinik sich mit Tränen in den Augen wünscht, dass Friedensdorf doppelt so viele Kinder mit nach Deutschland nimmt. „In den Kliniken fehlt einfach an allem: Material, Ärzte – einfach alles“, erklärt Birgit Hellmuth betroffen.

Eine Röntgenaufnahme kostet in Angola etwa 12 Euro. Der Durchschnittsverdienst im Land liegt monatlich bei umgerechnet knapp 277 Euro, Den Familien, deren Kinder ins Friedensdorf kommen, steht noch weniger Geld zur Verfügung.

„Die Zustände auf den Straßen sind fürchterlich“, erinnert sich Team-Mitglied Natalie Broll. „Überall sieht man Kinder, die im Müll nach Essbarem suchen, viele laufen allein und lumpig gekleidet herum. Und die Kleinsten müssen dort schon arbeiten, um ein wenig Geld für ihre Familien zu bekommen – zum Beispiel durch Schuheputzen.

Doch es gibt auch positive Erlebnisse, wie dieses: Ehemalige Kinder aus dem Friedendorf, heute sind sie junge Erwachsene, erscheinen zum Vorstellungstermin in Luanda und packen kräftig mit an, wenn irgendetwas transportiert oder aufgeräumt werden muss oder dolmetschen, wo es nötig ist. „Wir sind stolz, dass sie mutig ihre eigenen Wege gefunden haben. Alle haben einen Ausbildungsplatz im Bereich Maler und Lackierer, Dolmetscher sowie im medizinischen Bereich (Krankenschwester) aufgenommen“, freut sich Birgit Hellmuth. Diese Erfahrungen sind für die Helfer auch 22 Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges ein Ansporn für weitere Unterstützung.

Der 74. Angola-Hilfseinsatz ist nur mit der Unterstützung vieler ehrenamtlicher Helfer*innen möglich: Viele Mitarbeitende des Deutsches Rotes Kreuzes tragen die Kinder aus dem Flugzeug und bringen sie in die behandelnden Krankenhäuser. Die Stadtwerke Oberhausen GmbH (STOAG) stellen die Busse für den Transport der Friedensdorf-Schützlinge nach Oberhausen. „Sternstunden“e.V. aus München finanziert diesen Charterflug.

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