Dr. Kirsch und ihre „guten Seelen“, die Sekretärinnen der Chefärztin und Institutsambulanz bei ihrer Verabschiedung (Foto: privat)
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Bedburg-Hau. Sie fand immer die Stärken bei ihren jungen Patientinnen und Patienten

„Jeder Mensch hat Stärken -wir müssen sie erkennen, fördern und nutzen“ – das war sicherlich einer der wichtigsten Leitgedanken von Dr. Ursula Kirsch. Sie schaute lieber auf die Besonderheiten und Persönlichkeiten ihrer jungen Patientinnen und Patienten, als nur auf ihre Defizite.

„Die vielfältigen Angebote, die es bereits gibt und die erfolgreichen Therapiemöglichkeiten müssen Eltern ohne Scham für ihre Kinder in Anspruch nehmen können, ohne bürokratische Hürden und ohne finanzielle Nachteile,“ auch das ist der scheidenden Chefärztin ein besonderes Anliegen. „Leider gibt es immer noch eine Stigmatisierung, -wenn von psychischen Störungen die Rede ist,“ bedauert sie sehr. Sie hat aber sicherlich einen großen Anteil daran gehabt, wenn es heute viel selbstverständlicher für Eltern, Lehrer, Betreuer und Ärzte geworden ist, sich direkt an die Klinik zu wenden um hier schnelle und kompetente Hilfe zu erhalten.

Seit 2007 lenkte sie als Chefärztin die Geschicke der Kinder- und Jugendpsychiatrie der LVR-Klinik Bedburg-Hau und setzte sich in allen Bereichen für junge Menschen ein, die in der Psychiatrie ihre Hilfe brauchten. Die gebürtige Thüringerin, Mutter und inzwischen auch stolze zweifache Oma leitete dabei eine Abteilung mit einem fast 30-köpfigen multiprofessionellen Team aus Ärzt*innen, Psycholog*innen, verschiedensten Fachtherapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und zahlreichem Pflegepersonal. Allein in Bedburg-Hau gehörten zu ihrer Abteilung eine Tagesklinik, eine Institutsambulanz und drei Stationen mit Behandlungsplätzen für Kinder und Jugendliche in den verschiedenen Altersklassen.

Um die Versorgung im Südkreis zu verbessern setze sie sich für die Eröffnung zweier Fachambulanzen in Moers und Geldern ein,- in Geldern auch mit dazugehöriger Tagesklinik.

Seit vielen Jahren ist sie neben ihrer Arbeit als Ärztin in zahlreichen Arbeitskreisen tätig, entwickelte neue Behandlungskonzepte, leitete Workshops und wirkte in Gremien der Bundesarbeitsgemeinschaft der leitenden Klinikärzte ihres Fachgebietes mit. Sie vertritt zudem die Kinder- und Jugendpsychiatrien des Rheinlandes auch in der Vermittlungsstelle des Landesjugendamtes.

Für Bedburg-Hau hat die engagierte Ärztin zahlreiche neue therapeutische Angebote entwickelt, die vor Ort dringend gebraucht wurden. Dazu gehörten z.B. neue Behandlungskonzepte bei Anorexie, ADHS oder Cannabiskonsum. Schließlich besteht bis heute gerade im ländlichen Bereich immer noch eine Unterversorgung bei der psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen.

Die begeisterungsfähige Chefärztin war zudem stets offen für neue alternative Ansätze und so ist es nicht verwunderlich, dass seit ihrer Leitung auch die tiergestützte Therapie mit mehreren Hunden ausgebaut wurde.

Eine Herzensangelegenheit war ihr stets die Präventionsarbeit. Auch hier ging sie neue Wege und stärkte die „aufsuchende Arbeit“ und baute die ambulante, heimatnahe Versorgung für die Kreise Kleve und Wesel weiter aus.

Die Kinder – und Jugendpsychiatrie hat sich während ihrer beruflichen Tätigkeit zu einer hoch qualifizierten Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Kinder- und Jugendbereich entwickelt, die Wert auf gute und enge Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe, den Haus- und Kinderärzt*innen und weiteren Kooperationspartnern legt.

So hat Frau Dr. Kirsch sich, mit viel Engagement, zur Verbesserung der fachlichen Behandlungsqualität auch in Krisensituationen für die Etablierung eines eigenen Kinder- und jugendpsychiatrischen 24-Stunden-Notdienstes eingesetzt. In ihrer langjährigen Tätigkeit in verschiedenen Leitungspositionen erwarb sie sich vielfältige Kompetenzen und ein breites Fachwissen, das sie im Sinne der Patientinnen und Patienten anwendete und an ihr Team weitergegeben hat. Auf flache Hierarchien bedacht, war sie selber immer wieder auch in der Akutversorgung der Kinder- und Jugendlichen an vorderster Front tätig.

„Ich habe das Gefühlt mit dem hier arbeitenden motivierten und kreativen Team in den zurückliegenden Jahren viel bewegt und verbessert zu haben,“ erklärte sie sichtlich stolz auf ihrer Verabschiedung als Chefärztin, zu der sich viele Mitarbeitenden, Wegbegleiter und das Lehrerteam der LVR-Paul-Moor-Schule allerhand Überraschendes für die beliebte Ärztin hatten einfallen lassen.

„Darauf dürfen wir uns aber nicht ausruhen, denn es gibt immer wieder noch etwas zu ändern und zu optimieren,“ davon ist Dr. Kirsch nach wie vor überzeugt. Und deshalb war die enthusiastische Ärztin auch über ihren eigentlichen Ruhestand hinaus noch weiter, stundenreduziert für die LVR-Klinik Bedburg-Hau tätig, allerdings am Standort Geldern. Damit ist jetzt aber endgültig Schluss, denn nun tritt sie in ihren wohlverdienten Ruhestand.

Privat wird sie damit mehr Zeit für ihre Familie haben und vor allem ihre Enkel in der Schweiz besuchen können. „Das sind die schönen Seiten des Abschieds von einer verantwortungsvollen Leitungsposition, die mir immer sehr viel Spaß gemacht hat,“ erklärte sie am Ende ihrer Dienstzeit, die mit vielen lebendigen Erinnerungen verbunden bleiben wird.

Ihre Position hat sie seit April schon erfolgreich in die Hände ihrer Nachfolgerin Beate Linnemann übergeben.

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