„Enge Zusammenarbeit: Als studierte Pflegeexpertin ist Stefanie Damerius im Schnittbereich des pflegerischen und ärztlichen Dienstes tätig.“ (Foto: © Sandra Greins / Helios)
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Krefeld. Als erste studierte Pflegeexpertin APN am Helios Klinikum Krefeld arbeitet Stefanie Damerius (M.Sc.) mit ihrem Team im Schnittbereich des pflegerischen, ärztlichen und therapeutischen Dienstes.

Ein normaler Vormittag im Helios Klinikum Krefeld: Stefanie Damerius liest am Visitenwagen in der digitalen Patientenakte von Wilfried Peters*, ein pflegeaufwendiger, hoch infektiöser Patient mit starkem Übergewicht und einem Druckgeschwür. Auf der Station C1A1 bespricht sie mit einer Hygienefachkraft das weitere Vorgehen bei Herrn Peters, der heute nach über drei Monaten von der Intensiv- auf die Normalstation verlegt wird. Zu vergleichbaren Verlegungen wird die studierte Pflegeexpertin hinzugezogen. Sie begleitet den sicheren Übergang von der einen auf die andere Station, vermittelt Informationen zwischen den Teams, weist auf Besonderheiten hin, zieht weitere Experten wie das Wundmanagement hinzu.

Zwischenzeitlich checkt die 34-Jährige die anderen Patienten auf der Station, die ihr vom Stationsleiter für einen zweiten Blick vorgestellt werden.  Sie beginnt ihre Pflegevisite bei Frau Öztürk*, einer kleinen, zierlichen Frau. Nach der Überprüfung der digitalen Akte mit Diagnosen, Vital-  und Laborwerten führt sie die körperliche Untersuchung durch: Sie überprüft die Mobilität, Flüssigkeitsaufnahme, Ernährung, Ausscheidung, checkt die Wunde, schaut sich den Katheter an. „Mit einem ganzheitlichen, patientenorientierten Blick frage ich nach Schmerzen, prüfe die Kognition, die Atmung, den Kreislauf und die psychische Verfassung“, so Damerius, die seit fast 15 Jahren in der Pflege tätig ist. Sie lässt sich von Frau Öztürk auch die Zunge zeigen, fühlt ihre Haut an den Händen, um einen möglichen Flüssigkeitsmangel festzustellen. Als Damerius sie abhört und den Bauch tastet, fragt die Patientin: „Sind Sie Ärztin?“ Trotz kurzer Vorstellung weiß sie die studierte Pflegeexpertin nicht so recht einzuordnen. Tatsächlich steht Stefanie Damerius für eine neue Generation in der Pflege.

Sie ist APN – Advanced Practice Nursing: eine praxiserfahrene und klinisch spezialisierte Pflegende im Bereich der Notfallmedizin, die mit einem pflegewissenschaftlichen Abschluss, Master of Science (M.Sc.), weiterhin in der direkten Patientenversorgung arbeitet. Neben vielfältigen patientennahen Tätigkeiten steuert sie abteilungsübergreifende Prozesse und wird bedarfsorientiert eingesetzt. 2017 war sie die erste Pflegeexpertin dieser Art am Helios Klinikum Krefeld. Ihr Bachelor-Studium in Hamburg mit dem Schwerpunkt Intensiv-und Anästhesiepflege wurde vom Arbeitgeber finanziert. Inzwischen wird sie von zwei weiteren Kolleginnen unterstützt.

Die drei Pflegeexpertinnen stehen allen Pflegekräften in Krefeld und Hüls für die Arbeit mit komplexen, pflegeintensiven Patienten beratend und anleitend zur Verfügung. „Wir fungieren im Schnittbereich des pflegerischen, ärztlichen und therapeutischen Dienstes. „Ich habe selbst lange auf einer Intensivstation und im Rettungsdienst gearbeitet und verfüge nach dem Studium über erweiterte wissenschaftliche und fachliche Kenntnisse, die ich nun ins interdisziplinäre Team einbringen kann“, erklärt Damerius.

Nach ihrer Visite bei Frau Öztürk geht sie zurück zum Stationsstützpunkt und klärt mit dem Stationsteam die nächsten Schritte ab: „Der Patientin fällt das Atmen schwer, die Inhalation sollte in jedem Fall weitergeführt werden. Auch die Physiotherapie tut ihr gut, hier sollten wir die Frequenz erhöhen, um ihre Mobilität zu fördern.“ Mit der Stationsärztin synchronisiert sie, welche Verschreibungen sie für sinnvoll hält.

„Meine Arbeit ist sehr vielseitig, herausfordernd und anspruchsvoll. APN ist eine Neuinterpretation der Pflegerolle und manchmal auch Pionierarbeit“, sagt die zweifache Mutter. „Besonders wichtig ist mir, die Rolle der Pflege zu stärken und das Fachwissen innerhalb der Berufsgruppe zu erweitern, zum Beispiel durch Fortbildungen. Ich lese neueste Studien und coache dann die Kolleginnen und Kollegen auf Station – das ist direkter Theorie-Praxis-Transfer.“ Bei sehr komplexen Patientenfällen regt sie interdisziplinäre oder ethische Fallbesprechungen an und fördert die Kommunikation zwischen den Fachabteilungen.

„Stefanie Damerius und ihre Kolleginnen sind eine echte Bereicherung fürs Team, auch für uns Ärzte. Studierte Pflegexperten sind wichtig, um den immer komplexer werdenden Patientengruppen gerecht zu werden“, so Prof. Dr. med. Thomas Haarmeier, Ärztlicher Direktor des Helios Klinikum Krefeld. Als wichtiges Mitglied des innerklinischen Notfallmanagements kommt Damerius auch ihr Wissen als Notfallsanitäterin zugute. „Wir arbeiten mit dem Early Warning Score (EWS). Der EWS ist ein Frühwarnsystem, das uns frühzeitig auf Patienten aufmerksam macht, denen es aufgrund von kritischen Vitalwerten schlecht geht. Wir erhalten mehrmals täglich einen Report über die Patienten und suchen diese gezielt in der Klinik auf, um so die Patientensicherheit noch weiter zu erhöhen,“ beschreibt Damerius.

Zurück auf der Station C1A1 empfängt sie mit Kollegen den Patienten Wilfried Peters, davor spricht sie sich mit dem Leitenden Oberarzt der Intensivstation ab und ist sichtlich in ihrem Element: „Das hier ist meine alte Station, hier habe ich gerne gearbeitet und viel gelernt. Das ist das Schöne an meiner Arbeit: Ich konnte mich weiterbilden und akademisieren, ohne die direkte Patientenversorgung am Bett aufgeben zu müssen. Ich kann Kolleginnen und Kollegen nur ermutigen, den Schritt zu gehen, für mich hat er sich wirklich gelohnt.“

*Name geändert

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