Die leitende Hebamme Kerstin Kuttner und Chefarzt Dr. Ralf Dürselen im Borussenkreißsaal, der demnächst auch hebammengeleiteter Kreißsaal werden kann (Foto: © Krankenhaus Neuwerk)
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Mönchengladbach. Natürliche Geburt wieder fördern

In der Geburtshilfe im Krankenhaus Neuwerk ist ein neues Projekt in Planung: Das Team rund um Chefarzt Dr. Ralf Dürselen arbeitet an der Einführung eines „hebammengeleiteten Kreißsaals“. Die dann ausschließlich von Hebammen geführte Geburt – ohne Begleitung eines Arztes – ist ein ergänzendes geburtshilfliches Betreuungskonzept, das parallel neben dem ärztlich geleiteten Kreißsaal eingeführt werden soll. Es eignet sich für gesunde Schwangere, die nach einem unauffälligen Schwangerschaftsverlauf eine unkomplizierte Geburt erwarten können. Der genaue Kriterienkatalog, nach dem eine Schwangere durch die Betreuung von zwei Hebammen entbindet, wird gerade von der leitenden Hebamme Kerstin Kuttner erarbeitet. Sie vergleicht das Umfeld mit dem eines Geburtshauses oder einer Hausgeburt: „Da diese Möglichkeiten immer seltener werden, möchten wir innerhalb des Krankenhauses mit dem Hebammenkreißsaal das Angebot erweitern“, so Kuttner. Die Vorbereitungen zu diesem von einem Forschungsprojekt an der Universität Bonn gelobten Ansatzes sind in vollem Gange. Von den rund 150 Geburtshilfe-Kliniken in Nordrhein-Westfalen bieten gerade einmal neun diese Form der Geburt an.

Mit dem hebammengeleiteten Kreißsaal möchte die Geburtshilfe wieder die natürliche Geburt fördern. „Die Einführung eines neuen Konzepts bedeutet vor allem Veränderung, die von allen mitgetragen werden muss. Das gelingt nur in einem guten Team, das Hand in Hand arbeitet“, so Chefarzt Dr. Dürselen. Die hebammengeleitete Geburt habe viele Vorteile für Mutter und Kind. Mit Fördern des natürlichen Geburtsverlaufs werden weniger operative Eingriffe inklusive Kaiserschnitt nötig, die Gabe von Schmerzmitteln sinkt, die Geburtsdauer verkürzt sich. „In der Hebammensprechstunde wird die werdende Mütter intensiv aufgeklärt. Es finden mehrere Gespräche statt und die Frau entscheidet selbst, ob sie im hebammengeleiteten Kreißsaal entbinden möchte“, so Kuttner. Betreut wird die Schwangere unter der Geburt dann ausschließlich von zwei Hebammen: Eine Eins-zu-Eins-Betreuung ist Voraussetzung für die Umsetzung des Konzepts, die zweite Hebamme kommt zur Geburt hinzu. „Das bedeutet eine personelle Aufstockung von neun auf 13 Hebammenstellen, und wir sind weiterhin auf der Suche nach erfahrenden Hebammen, die dieses Projekt mitgestalten möchten“, so Dürselen. Außerdem werde damit die Stellung der Hebamme gestärkt. „Hebammen tragen bei der Geburt für Mutter und Kind eine große Verantwortung und bringen ein hohes Maß an Selbstverantwortung mit. Sie müssen selbstständig arbeiten und entscheiden können. Kriterien, die wir fördern, um den Hebammenberuf damit wieder attraktiver zu machen“, konstatiert der Chefarzt.

Da eine Geburt immer ein dynamisches Geschehen ist, kann sich die Situation unter der Geburt verändern und beispielsweise eine Periduralanästhesie nötig werden. „Im Krankenhaus ist ein das großer Vorteil und Sicherheitsaspekt: Hier ist sofort ein Arzt zur Stelle, der jederzeit eingreifen kann. Dafür muss die werdende Mutter auch nicht in einen anderen Kreißsaal verlegt werden“, so Kuttner.

Bevor das neue Konzept an den Start geht, sind noch einige interne Vorbereitungen nötig, dazu zählt auch die Fortbildung aller Hebammen mit mindestens zweijähriger Berufserfahrung, die demnächst im hebammengeleiteten Kreißsaal arbeiten werden.

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