ICE hält im Hauptbahnhof Krefeld (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation)
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Krefeld. Mit dem ICE einmal täglich direkt von Krefeld nach Berlin – und zurück

Im Eisenbahn-Werk in Krefeld werden seit vielen Jahren ICEs gebaut – bis 2029 weitere 43 „ICE 3 Neo”, die in der Spitze 320 Stundenkilometer erreichen. In Krefeld-Oppum werden die Schnellzüge gewartet, und seit einiger Zeit können Reisende ab Hauptbahnhof Krefeld mit einem ICE ohne Umsteigen in vier Stunden und 37 Minuten in die Hauptstadt Berlin fahren. Zurzeit einmal am Morgen hin und mittags zurück. Nachdem immer mehr Hauptstrecken ins Rechtsrheinische verlagert und die Linie via Nimwegen in die Niederlande in Kleve gekappt wurden, ist diese ICE-Verbindung momentan die einzige überregionale Bahnstrecke für Krefeld. Kleve, Münster, Aachen, Hagen – das sind heute die entferntesten Direktziele. Die Zeit der großen nationalen und internationalen Bahnverbindungen von und über „Krefeld-Hauptbahnhof” gab es noch bis in die 1980er-Jahre – eine kleine Krefelder Eisenbahngeschichte.

Erst 1849 erfolgte der Anschluss an die Bahnlinie nach Duisburg

Nach der ersten Eisenbahnfahrt 1835 von Nürnberg nach Fürth setzte ein Boom ein: In den deutschen Ländern investierten in diesen Pionierjahren vor allem Privatbahnen in den Ausbau des Streckennetzes. Sie spekulierten auf große Gewinne durch den Transport von Massengütern wie Kohle und Stahl. Die Beförderung von Personen brachte vielleicht Prestige ein, aber noch kaum große Erträge. Der Versand von Massengütern spielte in Krefeld keine Rolle. Die Textilindustrie blieb noch lange dem Transportweg übers Land verhaftet. Erst 1849 erfolgte der Anschluss an die Bahnlinie nach Duisburg-Ruhrort und 1851 nach Mönchengladbach. Die private Bahngesellschaft „Ruhrort-Crefeld-Kreis Gladbacher Eisenbahngesellschaft” wurde bald profitabel. Mit einem weiteren Ausbau gelangten Züge 1853 nun via Aachen bis Paris, über Ruhrort nach Oberhausen bis nach Berlin. Nur drei Jahre später wurde mit der Cöln-Crefelder-Eisenbahn eine Verbindung an die Domstadt und Süddeutschland ermöglicht. Mit der Strecke nach Kleve und Nimwegen in den 1860er-Jahren entwickelte sich Krefeld zu einem kleinen Knotenpunkt am Niederrhein.

Der Personentunnel führte erst 1871 zum Gleis

Die Eisenbahn in Krefeld brachte zwei Probleme mit sich: Die Schienen lagen zuerst noch ebenerdig und nicht wie heute auf einem Bahndamm. Ein Schienenstrang führte übrigens über die heutige Berliner Straße in die Innenstadt. Quasi als Insel wurde der Bahnhof zwischen den beiden Schienensträngen der Privatbahnen errichtet. Wer zum Bahnhof wollte, musste über die Gleise gehen und an den Schranken in der Innenstadt stellten sich längere Wartezeiten für Fuhrwerke und Fußgänger ein. Zur Erleichterung wurde immerhin 1871 ein Personentunnel zum Bahnhofgebäude vom Ostwall eröffnet. Doch auch dort war das Gedrängel groß. Zeitweise musste der neue Tunnel gesperrt werden, da Grundwasser eindrang. Auch eine neue Brücke zu den Bahnsteigen für Fußgänger stellte letztlich dort keine ausreichende Hilfe dar. Und der Personenverkehr wuchs weiter an: von 1888/1889 im Krefelder Bahnhof mit 507.246 Passagieren bis 1897/1898 auf 1.214.360 Fahrgäste.

300 bis 400 Fuhrwerke in der Stunde

An der Querung Neusser Straße passierten 300 bis 400 Fuhrwerke die Stelle in der Stunde. Die Industrie- und Handelskammer notierte 1885 über den Bahnübergang Neusser Straße (heute Kölner Straße): „Die Straße wird von 5 Uhr 15 Minuten morgens bis etwa abends 10 Uhr 45 Minuten nicht weniger als täglich durchschnittlich 131-mal gesperrt. Während je dreieinhalb Minuten ist die Straße für mindestens eine Minute gesperrt. Sperrungen von der Dauer von fünf Minuten und darüber kommen täglich durchschnittlich siebenmal vor, …, zwei von längerer Dauer als zehn Minuten”.

Einen provisorischen Bahnhof gab es in Höhe der Elisabethstraße

Die Vorstöße, die die Stadt und ihre politischen Interessenvertreter unternahmen, um den rasch anwachsenden Eisenbahnverkehr aus der ebenerdigen, die Stadt zerschneidenden Lage auf einen Bahndamm zu bringen, waren zahlreich und erfolglos. Der Eisenbahnverkehr bestand nicht nur aus Personenzügen, sondern sehr bald auch aus reinen Güterzügen. Die Lage sollte sich endlich 1897/1898 ändern: der Preußische Landtag stimmte dem Neubau eines Bahnhofes sowie der Anhebung der Gleise auf einen Damm durch die Stadt zu. Elf Unterführungen für den Verkehr sollten gebaut werden. Die Baukosten lagen bei 8,15 Millionen Mark. Die Arbeiten waren gewaltig. Für einige Jahre musste in Höhe der Elisabethstraße ein provisorischer Bahnhof den Personenverkehr bewältigen. 1906 war der Damm der Eisenbahn schon weit fortgeschritten, so dass an am Eilgut- und Gepäcktunnel im neuen Bahnhof und die Vorarbeiten für die dreischiffige Bahnsteighalle begonnen wurden.

3. Dezember 1907: Der erste Zug stoppt am neuen Bahnhof

Bau der Bahnsteighalle in Krefeld (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation)

Am 3. Dezember 1907 konnte der neue Bahnhof eröffnet werden. Eigentlich sollte die Eröffnung ohne „großen Bahnhof” erfolgen. Als erster Zug stoppte der Schnellzug von Aachen nach Berlin an den Krefelder Bahnsteigen – unplanmäßig. Denn der Lokführer dachte sich, dass ein so schöner Bahnhof nicht von einem ordinären Nahverkehrszug „in Betrieb genommen” werden dürfe. Also hielt der Berliner um 23.52 Uhr am 2. Dezember in der neuen Halle an. Kein Personal auf den Gleisen, die Krefelder Zuggäste stiegen dennoch aus und standen alsbald vor verschlossenen Türen. Nachdem sie durch das Gebäude irrten, kehrten sie in den Zug zurück. Der fuhr schließlich mit allen Fahrgästen in den Notbahnhof, wo er abgefertigt wurde.

Schluff erinnert noch heute an frühere Linien

Neben den nationalen und internationalen Verbindungen existierte eine Reihe von Nebenbahnen, von denen heute noch der „Schluff” zeugt. An diesen Strecken waren unter anderem Hüls, Kempen, Moers, Süchteln und Grefrath angeschlossen. In Krefeld gab es Haltepunkte wie an der Saumstraße mit dem Süd-Bahnhof. Einige Streckenabschnitte der Nebenbahnen konnten aber schon im 19. Jahrhundert nicht wirtschaftlich betrieben werden. Weitere Ausbaupläne wurden deswegen nicht mehr umgesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg brach erst der Personen- und dann der Güterverkehr immer mehr ein. Die Eisenbahntrassen wurden nach und nach stillgelegt.

Nur wenige internationale Verbindungen nach dem Zweiten Weltkrieg

Ein anderes Bild zeigte sich bei den nationalen und internationalen Verbindungen von und über „Krefeld – Hauptbahnhof”: Während des Zweiten Weltkrieges kam der grenzüberschreitende Verkehr am Niederrhein zwar weitgehend zum Erliegen, abgesehen von einzelnen Zügen nach Nimwegen. Nach dem Beheben der Kriegsschäden nahmen die internationalen Verbindungen in den 1950er-Jahren aber wieder zu: So konnten Krefelder direkt nach Den Haag und Innsbruck fahren. Reisende gelangten ohne Umstieg in den folgenden Jahrzehnten wieder nach Hamburg, München, Leipzig (mit dem Interzonenzug), Klagenfurt, Basel, Nimwegen, Amsterdam und Paris.

Täglich befuhren von Krefeld aus rund 160 Züge ein Streckennetz von etwa 9.000 Kilometern, einem Viertel der damaligen Bundesbahnstrecken. Die Abkopplung von nationalen und internationalen Schienenverkehr in Krefeld bahnte sich in den 1980er-Jahren an. Der Austria-Express verkehrte ab 1977 noch für gut zehn Jahre von Amsterdam über Krefeld nach Österreich. Die Strecke nach Nimwegen wurde Anfang der 1990er-Jahre endgültig eingestellt. Eine Reaktivierung des Abschnittes Kleve-Nimwegen wird jedoch immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert.

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