Die Barrierefreiheit am Stadtsaalvorplatz prüften kürzlich Baufachbereichsleiterin Birgit Gräfen-Loer (vorne re.), Virginia Grossek von der Agentur Barrierefrei NRW, Larissa Melnychuk, Nadine Schmutzler (beide Fachbereich Bauwesen), Dagmar-Schumacher Herold und Andy Ladwig vom Stadtbetrieb (hintere Reihe, v. re.) (Foto: Stadt Wetter (Ruhr))
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Wetter (Ruhr). Die Barrierefreiheit ist ein wichtiges Element für Menschen mit Behinderungen, um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Die Stadt Wetter (Ruhr) nimmt dieses Thema sehr ernst. Das gilt natürlich auch für das neugestaltete Areal vor dem Stadtsaal, dem kulturellen Herzen der Harkortstadt.

Hier trafen sich am Donnerstag Vertreter*innen der Stadt und des Stadtbetriebes, um gemeinsam mit Virginia Grossek von der Agentur Barrierefrei NRW potentielle Problembereiche zu überprüfen, die eine Delegation der Grünen vor einigen Tagen ausgemacht hat und als Antrag für die nächste Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gleichstellung und öffentliche Ordnung (ASGO) am 23. Februar zur Diskussion stellt.

Die Planungen zur Neugestaltung des Stadtsaal-Vorplatzes wurden ausführlich im Stadtentwicklungs-, Wirtschaftsförderungs- und Bauausschuss (SWBA, erstmals Anfang Februar 2018) sowie im Beirat für Menschen mit Behinderungen (Mitte April 2018, auch im Seniorenbeirat) vorgestellt, der städtische Senioren- und Behindertenbeauftragte sowie Virginia Grossek von der Agentur Barrierefrei NRW wurden ebenfalls mit einbezogen. Entsprechende Anmerkung dieser Expert*innen wurden in den Planungen berücksichtigt.

„Die Vorstellung der Planungen zur Neugestaltung des Stadtsaal-Vorplatzes und die Diskussion über alle Aspekte inklusive der Elemente der Barrierefreiheit haben einen langen Zeitraum eingenommen. Von daher bin ich schon etwas verwundert über das Vorgehen der Grünen“, so Bürgermeister Frank Hasenberg. „Die Pläne waren hinlänglich bekannt. Es gab ausreichend Zeit und Raum, um während der Planungsphase im SWBA, im Beirat für Menschen mit Behinderungen, im Hauptausschuss und im Rat entsprechend einzuwirken.“

Beim Termin vor Ort setzte man sich nun mit den von den Grünen formulierten Kritikpunkten auseinander. Die grauen Blöcke und das schwarze Leitsystem wurden extra so gewählt, „da der Bodenbelag sehr hell ist und damit ein sehr guter Kontrast entsteht“, so Andy Ladwig vom Stadtbetrieb. Das gelte auch für die Poller. Hellere Poller würden gerade bei der Beleuchtung in den Abendstunden den Kontrast eher verschlechtern. Das sah auch Virginia Grossek von der Agentur Barrierefrei NRW so.

Nichts desto trotz wird zusätzlich noch ein Reflektorband am als zu dunkel monierten Poller angebracht. Die auch in die Kritik geratene abfallende Kante des neben dem Poller liegenden Steinblocks sieht Grossek auch nicht explizit als Stolperfalle, solange sich die Kante kontrastreich vom Bodenbelag abhebt und in den Abendstunden gut beleuchtet ist.“ Auch der Vorschlag der Verlegung des Pollers macht hier keinen Sinn. Zudem sei die intensive Beleuchtungssituation am Abend ausreichend. „Wir haben die gesamte LED-Beleuchtung für den Vorplatz gerade auch im Hinblick auf die Situation in der Dämmerung geplant“, so Baufachbereichsleiterin Birgit Gräfen-Loer.

Dass nicht alle Sitzelemente auf dem Areal mit Rückenlehnen ausgestattet sind, war seit langem klar und auch so vorgestellt und beschlossen worden. „Wir haben die Rückenlehnen in den präsenten Bereichen des Areals konzentriert, etwa im Wartebereich in der Nähe der Haltestelle“, erläutert Gräfen-Loer. „Wir hätten auch gerne Armlehnen (auch als Auftstehhilfe für Menschen mit eingeschränkter Mobilität) an einem Sitzelement mit Rückenlehne angebracht, aber die verantwortliche Firma hat keine Möglichkeit gesehen, das technisch umzusetzen. Wir werden trotzdem noch einmal nachhaken und mit dem Unternehmen ins Gespräch gehen.“

Zur Befürchtung, dass auf der Rampe für Rollstuhlfahrer*innen Menschen die angeschrägten Stufen nicht sehen und möglicher Weise stürzen könnten, meint Grossek: „Es ist richtig, dass man hinten nicht sieht, dass es runtergeht. Aber die dunkle Markierung und die Noppen darauf sind eine kontrastreiche und taktile Markierung – ein klassisches Aufmerksamkeitsfeld. Die Stufenvorderkanten sind markiert und gut erkennbar. Dieser Kontrast ist auch unterhalb der Stufen gut zu erkennen – das wird oft falsch gemacht, ist hier aber vorbildlich gelöst.“

Und wie sieht die Expertin den Übergang vom Stadtsaal-Vorplatz bis zum Amtsgericht?

Hier endet zwar das Leitsystem, aber „die Rasenkantensteine dienen als Leitlinie“, so Grossek. Unterschiedliche Ansichten gibt es zur Mischverkehrsfläche. Hier gelten, so Stadt und Stadtbetrieb, alle Verkehrsteilnehmenden als gleichberechtigt. Die Expertin der Agentur Barrierefrei NRW sieht hier Optimierungsbedarf, da beispielsweise blinde Menschen oder Menschen mit Seheinschränkungen hier nicht erkennen könnten, ab wann sie sich in einem Bereich befinden, der verstärkt vom Kraftfahrzeugverkehr genutzt wird und wie sie diesen durchqueren können. Die Verwaltung nimmt diesen Hinweis aus dem Ortstermin mit.

Der letzte Punkt der Überprüfung ist eine Baumscheibe am Ende der Mischverkehrsfläche, wo auf der straßenabgewandten Seite nur ein schmaler Bürgersteig ist. Laut Stadtbetrieb weist dieser kurze Abschnitt die Mindestbreite von 90 Zentimetern auf. Das ist auf diesem kurzen Stück an der Baumscheibe entlang aber ok – aus Gesetzessicht und nach Ansicht der Expertin für Barrierefreiheit. „Alternativ hätten wir in das Wurzelwerk des Baumes eingreifen müssen“, ergänzt Dagmar Schumacher-Herold vom Stadtbetrieb. „Das haben wir ganz bewusst nicht gemacht.“

Die Stadt wird die Barrierefreiheit am Stadtsaal-Vorplatz auch noch einmal im nächsten Stadtentwicklungs-, Wirtschaftsförderungs- und Bauausschuss am Dienstag, 15. Februar, um 17 Uhr im Veranstaltungszentrum am Rathaus II (Eingang Bahnhofstraße) zum Thema machen.

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