Daniel Mühlenfeld (Foto: Andreas Köhring)
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Mülheim an der Ruhr. Im Angesicht des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist das berufliche Engagement des Alt-Kanzlers für russische Energieunternehmen nicht länger mit einer Mitgliedschaft in der SPD vereinbar.

Die SPD in Heißen und auf der Heimaterde hat beschlossen, bei der zuständigen Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover ein Parteiordnungsverfahren nach §35 des Organisationsstatuts der SPD mit dem Ziel eines Parteiausschlusses anzustrengen, sofern Gerhard Schröder nicht bis Ende der kommenden Woche (Freitag, 4. März) seine Ämter in den Gremien der Rosneft Oil Company sowie der North Stream AG und der North Stream 2 AG niederlegt.

„Gerhard Schröder hat sich als Kanzler der Bundesrepublik bedeutende Verdienste erworben. So war sein ‚Nein‘ zum Irakkrieg 2003 für einige unserer heutigen Parteimitglieder ein Anstoß, der SPD beizutreten“, erklärt Ortsvereinsvorsitzender Daniel Mühlenfeld: „Umso größer ist unser Unverständnis, dass Gerhard Schröder aktuell eine klare und unmissverständliche Positionierung anlässlich des russischen Überfalls auf die Ukraine vermissen lässt.“

Bisherige Stellungnahme Gerhard Schröders geht nicht weit genug

Zwar habe der frühere Bundeskanzler sich zwischenzeitlich in Form einer Stellungnahme auf dem sozialen Netzwerk LinkedIn geäußert und den Überfall verurteilt, sich dabei jedoch relativierend zur Verantwortung für den Ausbruch der militärischen Gewalt geäußert: „Die Aussage, es habe im Vorfeld des Konflikts Fehler auf beiden Seiten gegeben, relativiert die konkrete Verantwortung der russischen Regierung im Allgemeinen und namentlich seines Duzfreundes Wladimir Putin im Besonderen für das tausendfache, persönliche Leid, das die russische Aggression aktuell über ukrainische – und im Übrigen auch russische – Familien bringt.“

Dass Gerhard Schröder in besagter Stellungnahme im gleichen Atemzug betone, dass es gerade jetzt gelte, wirtschaftliche und persönliche Kontakte nicht aufzugeben, um den Gesprächsfaden mit Russland nicht gänzlich abreißen zu lassen, sei in hohem Maße zynisch: „Diese Aussage muss den Eindruck erwecken, als wolle Gerhard Schröder hier Argumente suchen, um die Fortsetzung seiner entgeltlichen Tätigkeit in den Gremien mehrerer Energieunternehmen mit engen Beziehungen zur russischen Staatsführung zu rechtfertigen. Das ist ethisch und moralisch verwerflich.“

Für die örtliche SPD steht fest, dass eine Fortsetzung der Arbeit in den Unternehmensgremien im Angesicht der russischen Aggression nicht länger mit einer Mitgliedschaft in der SPD vereinbar ist. „Ein früherer Sozialdemokratischer Kanzler und Vorsitzender der SPD muss sich darüber im Klaren sein, dass sein Tun niemals nur als privates unternehmerisches Handeln gesehen werden kann. Das ist der Preis für die Übernahme derart exponierter politischer Ämter und Funktionen. Ein ehemaliger Regierungschef der Bundesrepublik darf sich aber als Person niemals in Diensten eines Staates oder eines Potentaten verdingen, der im Übrigen nicht zum ersten Mal Nachbarländer mit Krieg und Gewalt überzieht“, so Daniel Mühlenfeld.

Brief an Gerhard Schröder mit der Bitte, Ämter niederzulegen

Man habe sich daher schriftlich an Gerhard Schröder gewandt und ihn über den Beschluss des Ortsvereins informiert und zugleich appelliert, die inzwischen auch von weiteren Gliederungen der SPD sowie Spitzenvertreterinnen und -vertretern der SPD geforderten Konsequenzen zu ziehen, d.h. die genannten Tätigkeiten umgehend, spätestens jedoch bis Ende der Woche, zu beenden und dabei klar und unmissverständlich Stellung zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu nehmen. „Geschieht das nicht, werden wir bei der SPD in Hannover die entsprechenden Schritte einleiten, um ein Parteiordnungsverfahren mit dem Ziel eines Parteiausschlusses anzustrengen“, stellt Daniel Mühlenfeld klar.

Grundlage eines solchen Antrags wäre §35 (1), Abs. 3 des Organisationsstatuts der SPD. Dort heißt es, dass u.a. gegen Personen ein Ordnungsverfahren angestrengt werden könne, die „[g]egen die Grundsätze der SPD verst[oßen].“

SPD bekennt sich im Grundsatzprogramm klar zur UN-Charta

Insofern sich die SPD in ihrem Grundsatzprogramm („Hamburger Programm“ v. 2007) klar zur Charta der Vereinten Nationen, der Europäischen Menschenrechtscharta und den Prinzipien des humanitären Völkerrechts als Leitlinien der Außen- und Sicherheitspolitik bekennt und dabei Angriffs- und Präventivkriege explizit ablehnt, muss man eine mögliche Fortsetzung des Engagements Gerhard Schröders bei Rosneft usw. als einen bewussten Verstoß gegen eben diese programmatischen Grundüberzeugungen der SPD verstehen und entsprechend ahnden.

Schaden von der Partei abwenden

„Sofern Gerhard Schröder nicht handelt, nimmt er Schaden für sich, seine Partei und nicht zuletzt auch für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland in Kauf. In diesem Fall ist es unsere Aufgabe als Sozialdemokraten, das Mindeste zu tun, was in unserer Macht steht, um zumindest den bereits entstandenen Schaden für die SPD nicht noch größer werden zu lassen“, erklärt Daniel Mühlenfeld die Motivation des Antrags.

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