v.l. Alondra Bongards, Felix Röttger, Caroline Scherer, Samuel Bielak, Rebecca Reimann, Jan Böving (Foto: privat)
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Mülheim an der Ruhr. Eine gute Bildung ist das wichtigste Gut der Gesellschaft. – „Da sind wir alle einer Meinung, jedoch spüren viele Schülerinnen und Schüler das tagtäglich nicht“, sagt Samuel Bielak, erneut gewählter Bezirksschülersprecher. „Marode Schulgebäude, ein veraltetes Bildungssystem, fehlendes Personal und Ausstattung, ja sogar fehlendes Papier an unseren Schulen: Das kann in einem der wirtschaftsstärksten Länder der Welt doch kein Standard sein“, so Bezirksschülersprecherin Caroline Scherer, die die Doppelspitze der Mülheimer Bezirksschülervertretung vervollständigt.

Ein neuer Vorstand der Bezirksschülervertretung Mülheim an der Ruhr, kurz BSV, welcher Mülheims Schülerinnen und Schüler auf kommunaler und Landesebene vertritt, wurde von den Mülheimer Schülervertretungen (SV) der weiterführenden Schulen gewählt.

Der neue Vorstand ist um die aktuelle Situation an den Schulen besorgt. „Die Mülheimer Schulen benötigen ein Update“, so Bielak. Mitglieder des BSV-Vorstands besuchten in den letzten Wochen mehrere Schulen, um gemeinsam mit den dortigen SVen über die aktuelle Situation ihrer Schulen zu sprechen. Jan Böving, stellvertretender Bezirksschülersprecher berichtet, er sei oft schockiert über den Zustand in den Fluren und Räumen. Bielak führt aus: „Es gibt natürlich mehrere notwendige Sanierungsarbeiten, welche größer ausfallen würden, jedoch liegt die Unzufriedenheit vermehrt bereits an der Anhäufung vieler kleinerer Mängel und Auffälligkeiten. Manchmal würde schon ein neuer Farbanstrich an den Wänden helfen.“ Caroline Scherer kritisiert scharf: „Es herrschen zwischen den einzelnen Schulen große Unterschiede. Anstatt dem entgegenzuwirken, will die Medl den Ausbau des Glasfaseranschlusses auch gemäß einem Nord-Südgefälle durchführen. Das würde Mülheimer Disparitäten enorm verstärken.“

An Themen fehlt es der Bezirksschülervertretung auf jeden Fall nicht. Im Gymnasium Heißen kam es zu Beginn des Jahres zu einem Totalausfall des Heizungssystems. „Das war absehbar und ist nicht der erste Zwischenfall wegen des seit Jahrzehnten vernachlässigten Heizungssystems“, führt Caroline Scherer an. Es zeigt deutlich, dass diese Zustände wortwörtlich „brandgefährlich“ sind. Auch hier kein Einzelfall: Schülerinnen und Schüler müssen sich in einer durch Baulärm erschwerten Atmosphäre für ihr Abitur im Frühjahr vorbereiten. „Das ist das Ergebnis einer über viele Jahre unzureichend geführten Bildungspolitik“, so Samuel Bielak. Die Bezirksschülervertreter hoffen, dass bald auf allen Ebenen, von den Schulen selbst, sowie der Kommunal- und Landespolitik ein Umdenken stattfindet.

Generell erkennt die BSV viel unberührtes Potenzial, die Mündigkeit der Schülerinnen und Schüler im Schulalltag zu fördern. Alondra Bongards aus dem Vorstand erläutert: „Die Schulen sind durch die von Seiten des Landes und der Stadt aus nicht zur Verfügung gestellten Ressourcen meist stark in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt, aber Schulen können dennoch einiges an Initiative ergreifen und selbst handeln. Das sieht man bei einigen Schulen schon, aber leider nicht bei allen.“ Vor allem seit der Pandemie fühlen sich viele Schülerinnen und Schüler überfordert. Bei Unterstufenschülern kommt es häufig vor, dass das Pensum an außerschulischen Aufgaben viel zu hoch ist. Begründet wird diese oft utopische Überlastung mit dem Ausgleichen von Lernrückständen der Pandemie, sodass zum Teil nicht einmal Zeit für Sport und Freunde bleibt. „Hier gibt es konkrete Vorgaben im Schulgesetz, jedoch wird sich in vielen uns bekannten Fällen nicht an solche gehalten“, kritisiert Rebecca Catnú, Landesdelegierte der BSV.

Für den BSV Vorstand gibt es viel zu tun. Das Team besteht aus dem Sprecherduo Samuel Bielak und Caroline Scherer, den Stellvertretern Jan Böving und Alondra Bongards, dem Finanzreferenten Felix Röttger sowie den Landesdelegierten Rebecca Cantú Flores Reimann und Dino Colic, die die BSV auf der Landesebene der SV-Arbeit vertreten. Unterstützt wird die Gruppe durch den Verbindungslehrer Tobias Flören. Flören ist bereits seit mehreren Jahren SV-Lehrer an der Gustav Heinemann Schule und jetzt im zweiten Jahr gewählter BSV-Lehrer. „Mir ist es besonders wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, offen für ihre Meinungen und Interessen einstehen. Die Relevanz von Autonomie und Mitbestimmungsfähigkeit ist zentral, denn nur so können wir sie auf ihr späteres Leben optimal vorbereiten“, sagt der BSV Lehrer. Er ergänzt: „Was die SVen gemeinsam umsetzen, ist großartig! Ein super Beispiel ist das zusammen mit der Firma MYLILY und der Stadt Mülheim verwirklichte Projekt „Kostenlose Menstruationsprodukte für alle, die es brauchen“. Es zeigt, wie die Schülerinnen und Schüler es geschafft haben, innerhalb von nur einem Jahr ihre Idee in die Realität umzusetzen.“

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