So könnte das geplante Schild zum Alkoholverbot aussehen, das an vielen Bereichen in Krefeld aufgestellt wird (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation)
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Krefeld. Stadtverwaltung setzt Maßnahmen aus „Stärkungspaket Innenstadt“ um – Oberverwaltungsgericht NRW soll Krefelder Alkoholverbot überprüfen

Der Fachbereich Sicherheit und Ordnung hat die Umsetzung des vom Krefelder Stadtrat beschlossenen weitgehenden Alkoholverbotes im öffentlichen Raum sowie die Einschränkungen der Möglichkeiten hinsichtlich des Bettelns in der Innenstadt vorbereitet: In Krefeld gilt ab Mittwoch, 15. März, ein Verbot des Alkohol- und Drogenkonsums im öffentlichen Raum im Umkreis von 100 Metern zu zahlreichen Einrichtungen und Plätzen. Alkoholkonsum wird dann etwa auf dem Theaterplatz sowie in vielen weiteren Bereichen auch der Innenstadt verboten sein. Über die bestehenden Regeln der Ordnungsbehördlichen Verordnung (OBV) zum Betteln hinaus wird ab dem 15. März durch den Erlass einer Allgemeinverfügung auch das aktive Betteln in der Innenstadt auf und zwischen den vier Wällen verboten sein.

Die Stadtverwaltung setzt damit konsequent weitere vom Rat bezüglich des „Stärkungspaketes Innenstadt“ beschlossene Maßnahmen um. Für die Gruppe der Suchtkranken eröffnet im unmittelbaren zeitlichen Kontext dieser Verbote am Montag, 13. März, das Drogenhilfezentrum an der Schwertstraße 80 als Maßnahme aus dem Handlungsfeld Soziales. „Die klare Botschaft der nun vorbereiteten Schritte ist: Die Lage in der Krefelder Innenstadt soll sich deutlich verbessern, der personell zuletzt verstärkte Kommunale Ordnungsdienst wird die Einhaltung der Regeln konsequent kontrollieren und Verstöße ahnden. Es geht um das Zusammenspiel von Handeln und Helfen – wir wollen der Szene Einhalt gebieten, haben gleichzeitig aber auch klar definiert, an welchen Orten es Unterstützungsangebote gibt“, sagt Krefelds Ordnungsdezernent Ulrich Cyprian. Er betont, dass zusätzlich zum Alkoholverbot und den Einschränkungen der Möglichkeiten des Bettelns auch ein umfangreiches Sicherheitskonzept zum Start des Drogenhilfezentrums erarbeitet worden ist, dessen Einzelmaßnahmen die Sicherheit und Ordnung für die Anlieger in den Quartieren gewährleisten sollen.

Das ab dem 15. März gültige Alkoholverbot gilt im Umkreis von 100 Metern zu Eingangsbereichen von Kindergärten, Spiel- und Bolzplätzen, Spielpunkten wie etwa Wasserspielen, Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen und weiteren von Kindern und Jugendlichen genutzten öffentlichen Gebäuden wie zum Beispiel der Mediothek. Ebenfalls untersagt ist der Alkohol- und Drogenkonsum im Umkreis von 100 Metern zu Eingangsbereichen von Kultureinrichtungen sowie des Hauptbahnhofes. Das Alkoholverbot wird auf dem Wege der Änderung der Ordnungsbehördlichen Verordnung (OBV) umgesetzt. Eine entsprechende Beschilderung erfolgt zunächst auf Plätzen, die von der Szene besonders genutzt werden. Ausgenommen vom Verbot ist der Alkoholkonsum innerhalb zugelassener Freischankflächen etwa von Gastronomie, während der Dauer von Veranstaltungen, bei denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden dürfen, sowie im Straßenkarneval von Altweiber bis Veilchendienstag und zu Silvester.

Mit der neuen Allgemeinverfügung werden auch die Verbotstatbestände hinsichtlich des Bettelns konkretisiert: Verboten ist in Krefeld generell das aggressive Betteln durch hartnäckiges Ansprechen, Beleidigen, Verfolgen, Berühren, In-den-Weg-stellen oder Blockieren des Weges, dazu auch das bandenmäßige und organisierte Betteln, das verkehrlich behindernde Betteln sowie das Betteln gemeinsam mit Kindern und Tieren. Des Weiteren wird mit der Allgemeinverfügung zusätzlich geregelt, dass im Bereich auf und zwischen den vier Wällen in Krefeld – Westwall, Nordwall, Ostwall und Südwall – auch das über das stille Betteln hinausgehende aktive Betteln verboten ist. Dieses aktive Betteln liegt vor, wenn auf die Bedürftigkeit auf eine bestimmte Art und Weise aufmerksam gemacht wird, zum Beispiel durch Verhalten wie nachhaltiges beziehungsweise fortwährendes, auch nach Ablehnung weiterhin gezieltes Ansprechen oder Aufhalten von Dritten, sowie das Nebenhergehen beziehungsweise das aktive Verfolgen von Dritten.

Die erlaubte Form der stillen oder passiven Bettelei liegt gemäß Allgemeinverfügung vor, wenn die Person „nicht verkehrsbehindernd und ohne nachhaltigem bzw. fortwährendem, auch nach Ablehnung weiterhin gezieltem Ansprechen für eine kurze Verweildauer“ bettelt. Die Einschränkungen des aktiven Bettelns im Vier-Wälle-Bereich gelten ab dem 15. März montags bis samstags von 10 bis 20 Uhr sowie an verkaufsoffenen Sonntagen von 13 bis 18 Uhr. Die Bereiche werden durch Beschilderung entsprechend ausgewiesen.

Die vom Rat beschlossene personelle Verstärkung des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) ist inzwischen abgeschlossen. Alle 48 Stellen sind besetzt. Mit dem Start des Drogenhilfezentrums (DHZ) kann der Kommunale Ordnungsdienst deshalb die Maßnahmen für die dortigen Quartiere intensivieren. Besonders geschützte Bereiche wie der Albrechtplatz, die Skateranlage Voltastraße sowie das direkte Umfeld des Hauptbahnhofs werden in die Schwerpunktbestreifung des KOD aufgenommen. Bereits seit den vergangenen Monaten gibt es zahlreiche Aktivitäten zu Sicherheit und Ordnung rund um das Quartier DHZ: KOD und Polizei sind häufiger im Quartier sowie der südlichen Innenstadt in Doppelstreife unterwegs, außerdem ist die Frühstreife Obdach des KOD mit zwei Kräften täglich ab 4.30 Uhr unterwegs, wöchentlich auch gemeinsam mit den Streetworkern.

Im Bezirk Mitte Ost ist eine mobile Wache installiert worden. Die eingesetzten Dienstkräfte positionieren das Dienstfahrzeug an einem von drei vorgegebenen Einsatzorten und sind von dort aus fußläufig im direkten Umfeld unterwegs – in der Früh- und Spätschicht täglich jeweils zwischen zwei und vier Stunden. Zu den Aufgaben dieser mobilen Wache zählt das konsequente Einschreiten bei ordnungsrechtlichen Störungen, der Bürgerdialog sowie die lückenlose Dokumentation. Die Kontrollen der Kioske erfolgen anlassbezogen auch in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren wie Zoll, Fachbereich Gesundheit und weiteren Akteuren. Der Fachbereich Sicherheit und Ordnung hat außerdem ein Sicherheitsbündnis im Bezirk als Stadtteilkonferenz installiert, in der die Bürger sich mit Akteuren für die Sicherheit wie Polizei, KOD, Streetworkern, Betreuern des DHZ und weiteren Akteuren austauschen können. Ferner wird seit dem vergangenen Sommer der ruhende Verkehr intensiv überwacht. Der KOD-Führungsdienst wird die getroffenen Maßnahmen evaluieren und lagebedingt die Einsätze anpassen. „Dabei wird es stets eine enge Abstimmung mit den Sicherheitsakteuren, den Streetworkern und den Quartiershelfern geben“, betont Ulrich Cyprian.

Oberverwaltungsgericht NRW: Grünen-Bürgermeister Karsten Ludwig reicht Antrag gegen Verordnung der Stadt ein

Am Mittwoch, den 08. März, verkündete die Stadt Krefeld im Amtsblatt die im Dezember beschlossene Verschärfung des Alkoholverbots in großen Teilen der Krefelder Innenstadt. Am heutigen Donnerstag hat der grüne Ratsherr und Bürgermeister Karsten Ludwig über seinen Anwalt Dr. Jasper Prigge beim Oberverwaltungsgericht einen Antrag eingereicht, mit dem die Nichtigkeit der entsprechenden Regelung der Ordnungsbehördlichen Verfügung festgestellt werden soll. Ludwig ist als Einwohner der Stadt Krefeld selbst durch die Regelung betroffen.

Die Regelung der Stadt sieht vor, dass der Konsum von alkoholischen Getränken in einem Umkreis von 100 Metern um bestimmte Einrichtungen, beispielsweise Kultureinrichtungen, untersagt ist.

Karsten Ludwig (Foto: Bündnis 90/ Grüne)

„Es handelt sich faktisch um ein flächendeckendes Alkoholverbot für die Krefelder Innenstadt. Eine derart weitreichende Einschränkung von Freiheitsrechten ist unverhältnismäßig“, so Karsten Ludwig. „Wenn Bürgerinnen und Bürger ruhig und friedlich Alkohol trinken wollen, dann sollen sie das tun dürfen. Es ist nicht zu erklären, warum ich mich in der Außengastronomie betrinken kann, nicht aber ein Bier auf der Bank wenige Meter weiter konsumieren darf. Damit werden Menschen mit wenig Geld benachteiligt, die sich die Preise in der Gastronomie nicht leisten können oder wollen.“

Die von der Stadt Krefeld erlassene Verordnung hält Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge, der bereits ein erfolgreiches Verfahren gegen ein von der Stadt Duisburg erlassenes Alkoholverbot geführt hat, gleich aus mehreren Gründen für rechtswidrig. „Eine Verbotsregelung darf nur bei einer Gefahrenlage erlassen werden. Eine solche wird die Stadt Krefeld nicht für alle Orte, die von dem Verbot erfasst sind, nachweisen können. Darüber hinaus ist ein Umkreis von 100 Metern viel zu weit gefasst. Die Verordnung greift in Grundrechte ein, dieser Eingriff ist aber nicht gerechtfertigt“, so Prigge.

Ludwig verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Stadt selbst einräumen musste, dass die Datenlage dünn ist: „Durch die Anfrage meiner Grünen Fraktion musste die Verwaltung am 29.09.2022 eingestehen, dass es bis September 2022 nur 68 dokumentierte Störungen in Verbindung mit Alkohol bei über 4 Millionen Passantinnen und Passanten gab.“ Dies zeige, dass die bisherigen Möglichkeiten der ordnungsbehördlichen Verfügung nicht vollumfänglich genutzt würden. Es sei aber erforderlich, mildere Maßnahmen auszuschöpfen, bevor die Stadt zu einem weitreichenden Verbot greife.

Der Grüne Fraktionsvorsitzende Thorsten Hansen ergänzt: „Wir haben in der Diskussion um das ‚Stärkungspaket Innenstadt‘ immer wieder dargestellt, dass die bisher geltenden Regelungen zum Alkoholkonsum ausreichend waren und es eher an der Durchsetzung durch den kommunalen Ordnungsdienst mangelte. Eine gerichtliche Klärung ist jetzt zwingend erforderlich, deshalb unterstützen wir die Privatklage von Bürgermeister Ludwig.“

PARTEI Krefeld sagt Bürgermeister Ludwig in seiner Privatklage gegen das Alkoholverbot bei Bedarf finanzielle Unterstützung zu

Die PARTEI Krefeld unterstützt von Beginn an das Vorhaben des Bürgermeisters Ludwig, eine Klage gegen das Alkoholverbot einzureichen. Sollte Herr Ludwig in seiner Privatklage auf den Verfahrenskosten von 3.000€ sitzen bleiben, garantiert die PARTEI eine finanzielle Unterstützung von mindestens 650€ (gestützt durch eine Crowd Funding-Aktion).

Die PARTEI Krefeld hat in den letzten drei Ratssitzungen sehr eindringlich auf die juristischen Mängel des von der Stadt angekündigten Alkoholverbot hingewiesen und vor einer Umsetzung gewarnt.

Die 68 von der Stadt dokumentierten Störungen aus den ersten 9 Monaten in 2022 wurden als Störungen in Verbindung mit Alkoholkonsum geahndet. Darunter versteht man Lärmbelastung, Schlägereien, Vandalismus und Vermüllung. Diese Störungen waren, sind und werden natürlich verboten bleiben.

Das entscheidende rechtliche Problem der neuen Regelungen ist die unverhältnismäßige Erweiterung des Verbots. Nun sind nicht nur die angesprochenen Störungen durch Alkoholkonsum verboten, sondern zusätzlich den Alkoholkonsum allgemein in weit über 100 Schutzzonen mit 200 m Durchmesser. So verbietet die neue Regelung beispielsweise, dass Freunde ein Feierabendbier auf der Wiese des Stadtgartens trinken. Letzteres ist weder verhältnismäßig, zielgerichtet noch in zumutbarer Weise nachvollziehbar – und letztlich nicht einmal verfassungskonform.

CDU: Politische Mehrheit im Rat respektieren, statt nun trotzig dagegen zu klagen

Timo Kühn (Foto: Dirk Jochmann)

Anlässlich der Klage des Grünen Ratsherrn und Bürgermeisters Karsten Ludwig erklärt Ratsherr Timo Kühn, ordnungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion: “Wir respektieren das Recht von Herrn Ludwig als Privatperson gegen das Alkoholverbot zu klagen. Unverständlich ist jedoch, dass die Fraktion der Grünen dieses Anliegen politisch unterstützt. Hier gilt es, die Entscheidung einer politischen Mehrheit im Rat zu respektieren, statt nun trotzig dagegen zu klagen, weil es einem nicht passt. Auch ist die Position der Grünen ein Schlag ins Gesicht des Einzelhandels und der Gastronomie sowie aller Krefelderinnen und Krefelder, die von den täglichen Alkoholexzessen nicht nur genervt sind, sondern sich in der Innenstadt auch unsicher fühlen. Dazu kommt die besondere Verantwortung des Rates gegenüber den Kindern und den kulturellen und schulischen Einrichtungen der Stadt. Ein Alkoholverbot würde dieser Verantwortung gerecht werden.”

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