Felix Ülhoff (Foto: FDP)
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Dinslaken. Eine Mitte der Woche veröffentlichter Kommentar des FDP Ratsherrn Felix Ülhoff mit der Überschrift „Reaktivierung der Walsumbahn als Manifestierung des Rückschritts“ wurde scharf vom SPD Landtagsabgeordneten Stefan Zimkeit kritisiert. Unter dem Titel „Absurd: FDP-Ablehnung der Walsumbahn“ wirft Zimkeit den Liberalen vor, „dass sich die Inkompetenz der FDP in verkehrspolitischen Fragen nicht auf Bundesverkehrsminister Wissing beschränkt“. Zur besseren Meinungsbildung veröffentlicht LokalKlick ungekürzt die bisherige Diskussion mit den Kommentaren von Ülhoff und Zimkeit:

 

Reaktivierung der Walsumbahn als Manifestierung des Rückschritts – Kommentar von Ratsherr Felix Ülhoff

„Mit großem Interesse verfolge ich die mediale Berichterstattung über die Pläne des VRR zur Reaktivierung der Walsumbahn.

Allerdings halte ich die Entscheidung für keine gute Idee. Die Reaktivierung einer alten Bahnstrecke passt nicht mehr in unsere heutige Zeit. 1835 war die Eröffnung der Strecke Nürnberg – Fürth eine Zäsur in der deutschen Verkehrsgeschichte und der Anfang von etwas Großem. Die Wiedereröffnung der Strecke Wesel – Oberhausen wird an diesen Erfolg nicht anknüpfen können.

Heute, fast zwei Jahrhunderte später, sehen moderne öffentliche Verkehrskonzepte anders aus. Sie sollen flexibel sein und sich den Anforderungen der Menschen anpassen. Eine Nebenbahn kann das nicht darstellen.

Nicht zuletzt, weil der schienenbasierte Verkehr in Deutschland bekanntermaßen sehr unzuverlässig ist. Passend dazu erlebend wir aktuell das Chaos (wohlgemerkt mit Ankündigung) um unsere Haus- und Hauptstrecke Emmerich-Oberhausen. Geplante und ungeplante Komplettausfälle und ein dilettantisch geplanter Schienenersatzverkehr mit Bussen, die teilweise auf dem Papier existieren, aber in der Realität nie am Bussteig vorfahren. Dies ist besonders ärgerlich für die arbeitende Bevölkerung, die gerade am Wochenende und an Feiertagen kaum Alternativen hat, wenn in den frühen Morgenstunden der Zug oder Ersatzbus mal wieder nicht kommt. Und Gleitzeit hat das Personal im Schichtdienst selbsterklärend nicht. Katastrophe.

Und nun beschließt der VRR – natürlich unter Gutheißen der Politik – die Erweiterung dieses nicht funktionierenden Systems. Ich möchte hier unterstellen, dass die meisten der Beteiligten aus den entsprechenden Gremien und der Politik nicht zu den Hauptverkehrszeiten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren.

Im Übrigen ist mir im eigenen großen Umfeld niemand bekannt, der zukünftig mit der Walsumbahn seinen Ort der Erwerbstätigkeit aufsuchen will. Kennen Sie jemanden?

Eine Reaktivierung der Walsumbahn mag vielleicht Eisenbahnromantik hervorrufen, taugt aber nicht für eine ernsthafte Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs in unserer Region. Stattdessen sollte in Verkehrsprojekte investiert werden, die besser den Bedürfnissen der Menschen im Jahr 2023 ff. entsprechen und eine effektivere und zuverlässigere Verkehrslösung bieten. Das können z. B. effektive Schnellbusverbindungen sein (so sie denn pünktlich und zuverlässig nach Fahrplan und Bedarf fahren) oder auch Bus-on-Demand-Systeme. Wir können jedenfalls die Verkehrswende für morgen nicht mit den Verkehrsmitteln von gestern schaffen. So bleibt der Individualverkehr weiterhin für viele Menschen in der Region alternativlos.

Ich frage mich mittlerweile, ob als Nächstes vielleicht auch noch die Pferdekutsche ihre Renaissance erleben darf. Die fährt ja bekanntlich ohne E-Fuels und ist damit vor Untersagung der EU geschützt. In diesem Sinne: “de Zoch kütt… manchmal oder manchmal auch nicht”. Es bleibt alles so, wie es war, und das ist dem Menschen ja bekanntlich am liebsten.“      Felix Ülhoff

 

Absurd: FDP-Ablehnung der Walsumbahn

Stefan Zimkeit MdL (Foto: privat)

„Die Äußerungen der FDP-Ratsfraktion sind ein eindrücklicher Beweis, dass sucg die Inkompetenz der FDP in verkehrspolitischen Fragen nicht auf Bundesverkehrsminister Wissing beschränkt“, kommentiert Stefan Zimkeit die Ablehnung der Walsumbahn durch Dinslakens FDP. „Wer ausschließlich auf die Straße setzt und die Modernisierung sowie den Ausbau des Bahnverkehrs verhindert, wird nicht nur die klimapolitischen Ziele verfehlen, sondern auch für noch mehr Staus und Verkehrschaos verantwortlich sein.“ Die von der FDP in diesem Zusammenhang geäußerte Kritik am Ausbau der Betuwestrecke bezeichnet Stefan Zimkeit als absurd. „Die dortigen chaotischen Verhältnisse sind – neben Missmanagement – hauptsächlich der Tatsache geschuldet, dass viel zu lange nicht in diese Strecke investiert wurde und nicht dem Umstand, dass jetzt endlich etwas geschieht.“ Die FDP lehne den weiteren Ausbau von Autobahnen ja auch nicht ab, weil es jetzt wegen Baustellen lange Staus am Kaiserberger Kreuz gibt, stellt Stefan Zimkeit fest.

„Den Menschen in Dinslaken die Chance zu verweigern, mit der Walsumbahn umweltfreundlich in die Nachbarstädte zu fahren, beweist, dass der FDP die Interessen der Menschen, die sich kein Auto leisten können oder wollen, komplett egal sind. Die FDP sollte lieber ihre Blockade gegenüber der Beschleunigung von Planungen für neue Bahnstrecken beenden“, betont Stefan Zimkeit. „Das Problem an der Walsumbahn ist nicht, dass sie gebaut werden soll, sondern dass die Umsetzung viel zu lange dauert. Ein Grund dafür sind die zu langen Planungsprozesse. Hier muss es mehr Tempo geben.“      Stefan Zimkeit MdL

 

Statement von Felix Ülhoff auf die Vorwürfe von Stefan Zimkeit MdL:

Herr Zimkeit nutzt seine Antwort für allgemeines Gepolter gegen die FDP. Wir wollen uns keinesfalls für den Individualverkehr der Besserverdienenden stark machen. Gerade darum ging es mir in meinem Kommentar. Die Walsum Bahn wird kaum jemanden zuverlässig zur Arbeit befördern können und damit keine ausreichende Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs in der Region bieten. Letztlich sind auch dann wieder die “schlechter verdienenden” darauf angewiesen sich ein Auto zu leisten. Wenn wir jetzt schon mit einer zwei- bis dreigleisigen Strecke (der Betuwe-Linie) so große Probleme in der Zuverlässigkeit haben, dann lässt sich bei einer eingleisigen Strecke kaum besseres erwarten. Auch diese muss irgendwann saniert werden. Kleinere Reparaturen werden sofort den kompletten Zugverkehr lahmlegen, da kein Ausweichgleis verfügbar ist.      Felix Ülhoff

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