Bochum. Stockbrot-Backen, Feuer machen, Musikinstrumente bauen: Beim Pfingstlager des Pfadfinder-Stammes St. Meinolphus aus Bochum haben in diesem Jahr Ehemalige Stammesmitglieder mit für das Programm gesorgt. Insgesamt rund 110 Mitglieder des Stammes St- Meinolphius haben sich auf den Weg in die Kleinstadt Bergneustadt im Bergischen Land gemacht und übernachten im Schlafsack im Zelt, in der Hängematte oder auch im benachbarten Jugendgästehaus – so wie es Alter und Gesundheit eben zulassen.
Einer von den 40 Ehemaligen, die ausnahmsweise dabei sind, ist der 48-jährige Michael Wintermann. Im „normalen“ Leben ist er gelernter Architekt, im Zeltlager zeigt er in einem von zahlreichen Workshops, die die Ehemaligen anbieten, wie die Jüngsten mit einem Feuerstahl das Feuer entzünden und Stöcke für das Stockbrot schnitzen. Grundregel dabei: nur im Sitzen schnitzen, immer vom Körper weg! Für die Kinder der Biberstufe (fünf bis sieben Jahre alt) ist das oft noch eine Herausforderung, die älteren Wölflinge sind schon etwas sicherer im Umgang mit dem Messer.
Constantin (10) schafft es mit wenigen Versuchen, mit dem Feuerstahl zuerst die Watte zu entzünden, dann die kleinen Stöckchen. Zuvor hat er seinen Stock für das Stockbrot glatt geschnitzt und unebene Stellen abgesägt. Der Qualm des Lagerfeuers zieht durch die Jurte, das große schwarze Zelt, über der Glut wird der Teig langsam braun – bei den Ungeduligen auch schon schwarz. „Ich bin total gerne hier im Zeltlager“, freut sich Constantin. Er ist zum zweiten Mal dabei, übernachtet mit neun anderen Wölfingen im Zelt und liebt die abendliche Liederrunde mit Gitarrenbegleitung, die Spiele im Wald und in der Dunkelheit. „Besonders toll ist es, wenn wir uns bei dem Spiel Lichterdom im Dunkeln anschleichen müssen.“
Für Michael Wintermann, im Lager nur Winni genannt, bedeutet Pfadfindersein noch viel mehr: „Das ist eine Lebenseinstellung, eine Wertegemeinschaft, die es fast auf der ganzen Welt gibt. Ich habe bei den Pfadfindern mehr für mein Berufsleben gelernt als in der Schule oder im Studium.“ Hier gehe es nicht um Leistung, sondern um die Person in der Gruppe, um das Soziale.
Workshop zu erneuerbaren Energien
Der 51-jährige Stefan Robrecht hat die komplette Pfadfinder-Karriere durchlaufen: Vom kleinen Wölfling angefangen mit acht Jahren in der 1980ern bis zum Stammesvorsitz. Heute ist der gelernte Wasserbauer als Projektleiter bei der Bahn tätig und spricht mit den Kindern und Jugendlichen in seinem Workshop über erneuerbare Energien. Er zeigt ihnen solarbetriebene Ladegeräte und baut mit kleinen Stammesmitgliedern einen „Klingeldraht“, bei dem eine Drahtschlaufe an einem gebogenen Draht entlang geführt werden muss, ohne diesen zu berühren. Der Familienvater engagiert sich im Freundes- und Förderkreis, der eine wichtige Stütze für den Stamm ist. „Duch unsere finanzielle Hilfe können wir jedem Kind, das mit ins Lager fahren möchte, die Teilnahme ermöglichen“, ezählt der 51-Jährige. „Gleichzeitig sind wir oft das Sprachhrohr für die Jugendlichen in die Gremien der Pfarrei hinein und können uns dort für ihre Belange einsetzen.“
„Von den Jüngeren können wir uns eine Scheibe abschneiden“
Was sich verändert hat seit der eigenen Pfadfinderzeit? „Gar nicht so viel und doch Einiges“, sind sich Michael Winterberg und Stefan Robrecht einig. „Die Pfadfinderinnen und Pfadfinder verändern sich ständig, sind am Puls der Zeit und gehen oft auch voran“, sagt Winterberg. „Der Geist wird weitergetragen und gleichzeitig passen sie sich der Gegenwart an, bewegen sich und gehen die Probleme an, die sich neu auftun“, ergänzt Robrecht. Für ihn ist das gemeinsame Lager von aktiven und ehemaligen Stammesmitgliedern ein Geschenk: „Wir können den Jüngeren unser Wissen vermitteln. Im Gegenzug können wir uns eine Scheibe von deren Lockerheit und Gelassenheit abschneiden, die wir im Alltag oft verloren haben.“
Für diese jüngere Generation stehen jetzt Lena Sievering, Timm Angrick und Robin Großkopf, die als Stammesvorstand das Pfingstlager organisiert haben. „Dass die Ehemaligen dabei sind, ist eine Bereicherung für uns“, sagt die 26-jährige Studentin Lena Sivering. „Die haben teilweise damals den Stamm mit aufgebaut, sie können Geschichten erzählen, die wir noch nicht kennen. Und durch ihre Wokshops haben wir eine viel größere Bandbreite als sonst im Pfingstlager.“