Prof. Dr. S. R. Waldvogel (Foto: © MPI CEC)
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Mülheim an der Ruhr. Ab dem 1. Dezember 2023 baut Prof. Siegfried Waldvogel als Direktor eine neue Abteilung am Max-Planck- Institut für Chemische Energiekonversion (MPI CEC) in Mülheim an der Ruhr auf. Der Schwerpunkt seiner Abteilung liegt auf der Elektrosynthese, bei der meist Abfall- und Restströme durch die Einspeisung von Strom in wertvolle Chemikalien umgewandelt werden, welche für die Pharma- und chemische Industrie essenziell sind. Bereits bei seiner vorherigen Position als ordentlicher Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz legte Siegfried Waldvogel seinen Forschungsschwerpunkt auf das gesamte Spektrum der Elektrolyseentwicklung, angefangen von neuartigen Screening-Methoden bis hin zur Hochskalierung elektrosynthetischer Umwandlungen. Am MPI CEC führt er seine Leidenschaft für Forschung zur nachhaltigen und klimaneutralen Herstellung von organischen und anorganischen Wertstoffen weiter voran.

„Wir freuen uns sehr mit Siegfried Waldvogel einen exzellenten Wissenschaftler für unser Institut gewonnen zu haben“, erläutert Walter Leitner, geschäftsführender Direktor am MPI CEC. „Mit seinem Schwerpunkt Elektrosynthese bietet er unserem Institut einen großen Mehrwert für unsere Grundlagenforschung zur Speicherung und Nutzung von erneuerbarer Energie durch chemische Reaktionen“. Siegfried Waldvogel leitet am MPI CEC neben Walter Leitner und Serena de Beer die dritte von vier geplanten Forschungsabteilungen. Der Chemiker ist dabei keinesfalls neu in Mülheim: 1996 erhielt er seinen Doktortitel am Nachbarinstitut Max- Planck-Institut für Kohlenforschung. Nach seinem Postdoc an dem Scripps Research Institute in La Jolla, Kalifornien, begann er 1998 seine Habilitation an der Universität Münster. Bevor er im Jahr 2010 zur Johannes- Gutenberg-Universität Mainz wechselte, arbeitete Prof. Waldvogel ab 2004 als Professor für Organische Chemie an der Universität Bonn.

Im Gespräch mit Siegfried Waldvogel

Worauf freuen Sie sich am meisten als Direktor am MPI CEC?

Die Motivation und der Geist, welche im Institut herrschen, neue Dinge anzugehen. Beim MPI CEC freue ich mich sehr auf das hervorragend ausgebildete technische Personal und die Kooperation mit den Kolleg*innen. Die Möglichkeiten in der Forschung neue Ideen auch schnell zu verwirklichen, ist in Deutschland einzigartig.

 

Welche Forschungsschwerpunkte wird ihre Abteilung am MPI CEC haben?

Meine Abteilung wird sich mit der Elektrosynthese beschäftigen und dabei versuchen völlig neue Wege zu gehen. Das sogenannte elektrochemische Upcycling von Abfallströmen wird innovative Lösungen eröffnen, weil aufgrund der Grundlagenforschung alternative Reaktionswege verfügbar sind; z.B. können aus hochchlorierten Abfällen der letzten Jahrzehnte die Kohlenstoffkomponenten zurückgewonnen werden – ohne dass Kohlendioxid entsteht – und bilden Grundchemikalien, wohingegen das Chlor in andere dringend benötigte Produkte eingebaut wird. Neben dem Upcycling wird die Abteilung sich mit neuen Screening-Methoden der nächsten Generation beschäftigen, d.h. möglichst schnell die Elektrolysebedingungen zu finden. Auch hier kommen moderne Algorithmen und auch maschinelles Lernen zum Einsatz. Weiterhin habe ich noch viele Ideen, die es jetzt gilt auszuprobieren.

 

Welche Vision und strategischen Ziele haben Sie für das MPI CEC in den kommenden Jahren? Wie planen Sie, diese Ziele zu erreichen?

Mit dem Department für Elektrosynthese werde ich versuchen, das MPI CEC in den nächsten Jahren zur international wichtigsten wissenschaftlichen Adresse in der Elektrosynthese zu positionieren. Dies wird natürlich nur mit einem hervorragenden Team, exzellenter wissenschaftlicher Arbeit und ausgewiesenen Netzwerk möglich sein. Also mit viel Engagement!

 

Wie sehen Sie die Rolle des MPI CEC in der globalen Forschungsgemeinschaft, und welche Botschaft möchten Sie an die wissenschaftliche Gemeinschaft und die Öffentlichkeit senden?

Das MPI CEC ist nach 10 Jahren in der globalen Forschungsgemeinschaft gut angekommen. Dies ist der Verdienst meiner Kollegen aber auch unser Vorgänger. Es wird in den nächsten Jahren eine stärkere Fokussierung auf die Elektrifizierung der Synthese erfolgen. Bisher war ich an Universitäten tätig und der weitaus größte Teil meiner Zeit lag in der Lehre und administrativen Tätigkeiten. Deshalb kann ich jetzt entfesselt forschen und ich werde diese Chance nutzen! In den nächsten 10 Jahren wird das MPI CEC entscheidende Beiträge in der Elektrifizierung der Synthese liefern. Dabei spielt u.a. auch der Umzug des BMBF- Zukunftsclusters ETOS – Elektrifizierung Technischer Organischer Synthesen von Mainz nach Mülheim eine wichtige Rolle. Am MPI CEC kommen einzigartige Synergien zustande und das forscherische Feld ist gut bestellt – man kann also einiges erwarten!

 

Wie werden Sie die Förderung von Nachwuchswissenschaftler*innen in Ihrer Amtszeit unterstützen und Talente an das Institut binden?

Mein Team und ich werden versuchen weltweit das beste und modernste Umfeld in der Elektrosynthese zu etablieren. Das wird Ausnahmetalente nach Mülheim bringen – das Ziel wird immer sein, Mitarbeiter*innen und Kollegen*innen zu finden, die potenziell besser sind als man selbst. Nachwuchswissenschaftler*innen sind alle unterschiedlich und deshalb muss man individuell auf diese eingehen. Dabei ist nicht nur ein Fördern, sondern auch Fordern wichtig, damit diese sich gut entwickeln und über sich hinauswachsen. Wichtig ist, dass man die „ausgetretenen Pfade verlässt und neue Wege geht“.

 

War es schon immer ihr Plan Chemiker zu werden und warum sind Sie letztendlich Chemiker geworden? Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?

Für mich hatten chemische Reaktionen immer etwas Magisches. Nach dem Experimentieren im eigenen Kellerlabor als Schüler und erfolgreicher Teilnahme bei Jugend forscht (Platzierung im Bundeswettbewerb 1989) war das leidenschaftliche Feuer entfacht und ich hatte meine Bestimmung gefunden. Auch wenn die Magie dem Verständnis gewichen ist bleibt diese Faszination – Chemie ist die zentrale Wissenschaft, um eine nachhaltige und zukunftsfeste Gesellschaft mit einem hohen Lebensstandard zu ermöglichen. Darüber hinaus gibt es in der Chemie noch viele weiße Flecken auf der wissenschaftlichen Landkarte.

 

Welche Meilensteine haben Sie in Ihrer Karriere bereits erreicht? Was würden Sie gerne noch erreichen?

Wir haben einige neue chemische Reaktionen gefunden, die sich durch elektrischen Strom ermöglichen lassen. Einige davon haben inzwischen eine technische Reife erreicht, so dass sie im größeren Maßstab genutzt werden können. Ich denke, dies ist erst der Beginn. Die Konzepte der Lösungsmittelsteuerung und Plattform- Oxidationsmittel werden mit der Wasserspaltung kombiniert werden und so attraktive wissenschaftliche Lösungen bieten. Ich gehe davon aus, dass über diesen Weg die Elektrifizierung der Chemie schneller und effektiver erreicht wird.

 

Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade an der Elektrosynthese forschen? Wie gestalten Sie am liebsten Ihre Freizeit?

Wenn ich freie Zeit habe, nutze ich diese besonders gerne für meine Familie, die oft genug auf mich verzichten muss. Weiterhin habe ich einen kleinen Garten, in dem ich alte Tomatensorten kultiviere und auch gerne in der Küche in schmackhafte Gerichte verwandle.


Über das Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion

Das Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion beschäftigt sich mit den grundlegenden chemischen Prozessen, die bei der Speicherung und Umwandlung von Energie eine Rolle spielen. Ziel ist es mithilfe eines umfassenden Verständnisses der Wirkungsweise aktiver Zentren von Katalysatoren, Energie aus erneuerbaren Ressourcen wie Sonne und Wind so zu speichern, dass sie zeit- und ortsunabhängig genutzt werden kann. Das Institut ist in mehrere wissenschaftliche Forschungsabteilungen gegliedert, beschäftigt mehr als 400 Mitarbeiter*innen aus über 50 Nationen und wird überwiegend aus öffentlichen Mitteln von Bund und Ländern gefördert.

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