Screenshot Facebook (2024-04-16): Post der ATiB mit OB Marc Buchholz
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Mülheim an der Ruhr. Elisabeth Müller-Witt und Rodion Bakum als Mülheimer Landtagsabgeordnete haben mit weiteren Abgeordneten der SPD-Fraktion aus dem Innen- und Integrationsausschuss eine Kleine Anfrage im Landtag NRW mit dem Titel „Mülheimer CDU-Oberbürgermeister zu Gast bei den „Grauen Wölfen” – Keine Judenhasser in Sicht?” an die Landesregierung gestellt. Die Grüne Jugend Mülheim Ruhr, die Jusos Mülheim Ruhr sowie der Falken Mülheim Ruhr gaben eine gemeinsame Pressemitteilung zu den jüngst veröffentlichten Fotos des Mülheimer Oberbürgermeisters Marc Buchholz bei ATiB e.V. heraus. LokalKlick veröffentlicht zur Meinungsbildung die Kleine Anfrage und das Pressestatement ungekürzt:

 

Kleine Anfrage der Abgeordneten Rodion Bakum, Elisabeth Müller-Witt, Lisa-Kristin Kapteinat, Christina Kampmann und Volkan Baran (alle SPD):

Mülheimer CDU-Oberbürgermeister zu Gast bei den „Grauen Wölfen“: Keine Judenhasser in Sicht?

Der Oberbürgermeister der Stadt Mülheim an der Ruhr besuchte laut Berichterstattung von DerWesten.de vom 15.04.2024 ein Fastenbrechen der ATIB-Gemeinde in Mülheim an der Ruhr.[1] Die „Union der türkisch-islamischen Kulturvereine e.V. (ATIB)“ wird laut Verfassungsschutzbericht NRW 2022 unter dem Kapitel „ausländerbezogener Extremismus“ zur „Ülkücü-Bewegung“ der sog. „Grauen Wölfe“ gerechnet. Sie werden dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet. Zentrales Ideologieelement der Ülkücü-Bewegung sei die Wiedervereinigung aller Turk-Völker im Großreich „Turan“ vom Bosporus bis zur Behringsee (östlichstes Russland). Die ATIB habe ein Personenpotential von 600 Menschen in NRW, 6.100 Personen werden zur Bewegung der „Grauen Wölfe“ insgesamt in NRW gerechnet. Ausführlich wird im Verfassungsschutzbericht die antisemitische Grundhaltung der Bewegung dargestellt, in dem beispielsweise die drei Feinde der Turk-Völker mit „die Kommunisten, die Juden und die Speichellecker“ benannt werden. Des Weiteren heißt es, dass die ATIB versuche, in der Öffentlichkeit ihre antisemitische Grundhaltung zu „kaschieren“ und ihre Mitglieder zu rechtskonformen Verhalten anhalte. Zudem setze die ATIB nicht nur auf ihre religiöse Ausrichtung, sondern versuche, insbesondere in den sozialen Medien, „keinerlei Bezugspunkte zum türkischen Rechtsextremismus offenzulegen.“[2]

Die ATIB-Gemeinde in Mülheim an der Ruhr wirbt in den sozialen Medien mit dem Auftritt des Oberbürgermeisters beim Fastenbrechen am 07. April 2024.[3]

Der Mülheimer Oberbürgermeister gibt jedoch an, dass der ATIB-Gemeinde in Mülheim an der Ruhr aufgrund der Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht am 9. November „schwerlich“ Antisemitismus vorwerfen könne.[4] Die ATIB-Gemeinde habe ihm „glaubhaft versichert und in der Vergangenheit entsprechendes Verhalten gezeigt, nicht den „Grauen Wölfen“ zugehörig zu sein“.[5]

Wir bitten die Landesregierung daher um die Beantwortung der folgenden Fragen:

  1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass der „Union der türkisch-islamischen Kulturvereine e.V. (ATIB)“ in Nordrhein-Westfalen kein Antisemitismus vorgeworfen werden kann, wie sie beispielsweise der Mülheimer Oberbürgermeister vertritt?
  2. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Landesregierung zur „Ülkücü-Bewegung“, den sog. „Grauen Wölfen“, seit dem Verfassungsschutzbericht 2022 ermittelt?
  3. Welche Personenzahl und Aktivitäten hat die Landesregierung seit dem Verfassungsschutzbericht bei der „Ülkücü-Bewegung“, den sog. „Grauen Wölfen“, seit 2022 in Nordrhein-Westfalen ermittelt?
  4. Pflegt die Landesregierung Kontakte mit Vertretenden der „Union der türkisch-islamischen Kulturvereine e.V. (ATIB)“ oder bindet diese in Gremien ein?
  5. Welche Mittel investiert die Landesregierung in Präventionsprogramme und -projekte im Zusammenhang mit ausländerbezogenem Extremismus?

 


Politische Jugendorganisationen kritisieren Besuch des Mülheimer OBs bei ATiB e.V.

Gemeinsame Pressemitteilung der Grünen Jugend Mülheim Ruhr, der Jusos Mülheim Ruhr sowie der Falken Mülheim Ruhr: “Dass die Grauen Wölfe als faschistische türkische Organisation vom Verfassungsschutz beobachtet werden, ist keine neue Entwicklung. Unseren Oberbürgermeister scheint dies aber nicht zu stören.

Screenshot Facebook (2024-04-16) der ATiB mit OB Marc Buchholz

Plauderstündchen mit Corona-Leugner*innen, Spendenveranstaltung und Fastenbrechen mit Faschist*innen – die Vorfälle häufen sich. Wir sind angesichts dieses fragwürdigen und unsolidarischen Verhaltens überaus besorgt!

Erst kürzlich bewiesen Fotos, dass der Oberbürgermeister an einer Veranstaltung der ATiB Mülheim teilgenommen und bei ihrem Fastenbrechen eine Ansprache gehalten hatte.

Das Ganze, obwohl Buchholz der Kampf gegen Rechts noch vor wenigen Wochen nach eigenem Bekunden besonders wichtig war und dazu aufgerufen hatte, dass Demokrat*innen zusammen stehen sollten. Doch von dieser Abgrenzung und dem Zusammenstehen gegen Rechts scheint nicht mehr viel übrig zu sein. Worten Taten folgen zu lassen, wäre an dieser Stelle notwendig gewesen.

Als linke Jugendorganisationen kämpfen wir für eine solidarische, antifaschistische und tolerante Gesellschaft und verurteilen das Verhalten des Oberbürgermeisters und seine fragwürdige Verbindung zur ATiB auf das Schärfste!

Die ATiB (Union der Türkisch-Islamischen Kulturverein in Europa) zählt zu einer der größten Dachverbände der Grauen Wölfe. Ihre antisemitische, rassistische und gewalttätige Bewegung stellt für die kurdische und alevitische Diaspora und vor allem für unsere Demokratie eine große Gefahr dar. Ein demokratischer, politischer Vertreter hat sich von rechtsextremen Gruppierungen ausdrücklich zu distanzieren.

Wie oft noch will der Oberbürgermeister Demokratiefeind*innen legitimieren?!

Wir, als Grüne Jugend, Jusos und Falken,  fordern Oberbürgermeister Buchholz auf, Stellung zu seinem Fehlverhalten zu beziehen und entsprechende Konsequenzen folgen zu lassen!”


Ich bin enttäuscht, dass der Oberbürgermeister meiner Heimatstadt bei einer Veranstaltung einer gesichert rechtsextremen Gruppierung türkischer Herkunft aufgetreten ist. Er muss umfassend sagen, mit welchen Motiven er dorthin gegangen ist. Will er womöglich Menschen auf den demokratischen Weg zurückführen? Dann müsste ich aufgrund seiner Erklärung feststellen, dass er gescheitert ist. Er macht eine vom Verfassungsschutz aufgrund von extremen, nationalistischen, antisemitischen und gewaltbereiten Ansichten beobachte Gruppe salonfähig. Vom Mülheimer Oberbürgermeister erwarte ich, dass er unsere Gesellschaft und Demokratie zusammenhält, anstatt sie zu spalten.
Ich erwarte vom Oberbürgermeister meiner Heimatstadt, dass er Verfassungsfeinde demokratisch stellt und nicht hofiert. – Rodion Bakum MdL

 

Auf Anfrage der Redaktion teilte die Städt. Pressestelle mit: “Eine direkte Stellungnahme von Herrn Buchholz gibt es nicht.” Aber die Antworten vom Oberbürgermeister zu den Fragen eines anderen Mediums wurden der Antwortmail beigefügt.

So teilt Oberbürgermeister Marc Buchholz zu seinem Besuch mit: “Ich wurde offiziell eingeladen. Der Moscheeverein war einer von zwei muslimischen Vereinen, die anlässlich der Reichspogromnacht am 9. November 2023 bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Mülheimer Synagogenplatz persönlich anwesend waren und sich mit der Jüdischen Gemeinde solidarisch gezeigt haben.” Des Weiteren erklärt Buchholz zum Besuch einer Organisation, gegen die seit 2020 ein Verbotsantrag im Bundestag wegen dem Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit und auch Antisemitismus läuft: “Man wird dem Verein schwerlich Antisemitismus vorwerfen können, wenn er zur Reichspogromnacht persönliche Betroffenheit und Anwesenheit zeigt. Die ATiB Mülheim hat mir glaubhaft versichert und in der Vergangenheit entsprechendes Verhalten gezeigt, nicht den „Grauen Wölfe“ zugehörig zu sein.”

 


 

[1] Mülheim: Ist OB Buchholz hier zu Gast bei türkisch-rechtsextremen „Grauen Wölfen“?, online unter https://www.derwesten.de/staedte/muelheim/muelheim-news-tuerkei-fotos-ob-buchholz-graue-woelfe-erdogan-id300923079.html, abgerufen am 15.04.2024
[2] Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2022, online unter https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/verfassungsschutzbericht_nrw_2022.pdf, abgerufen am 15.04.2024
[3] Facebook-Auftritt von „ATIB Mülheim“, https://m.facebook.com/people/ATiB-Mülheim/, abgerufen am 15.04.2024
[4] Siehe 1.
[5] Siehe 1.

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