Das Maß der Not ist entscheidend für die Hilfe weltweit und in Krefeld – auf dieses Prinzip macht Sabine Hilcker (Geschäftsführerin DRK Kreisverband Krefeld) anlässlich des Weltrotkreuztags am 8. Mai aufmerksam (Foto: DRK Kreisverband Krefeld / Nadia Joppen)
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Krefeld. Der 8. Mai ist „Internationaler Tag des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes“ – diesen Tag möchte Sabine Hicker, die Geschäftsführerin des DRK-Kreisverbandes Krefeld, nutzen, um auf die Wichtigkeit der Rotkreuz-Grundsätze aufmerksam zu machen. Wir sprachen mit ihr über Henri Dunant, seine Überzeugungen und die Verpflichtungen der Helfenden, die sich bis nach Krefeld auswirken.

 

Frage: Frau Hilcker – die Arbeit des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds erfolgt nach sieben Grundsätzen, die heute vielleicht nicht mehr jedem präsent sind. Worum geht es dabei?

S. Hilcker: Aus den Überzeugungen des Rotkreuz-Gründers Henri Dunant hat das Internationale Rote Kreuz vor rund 60 Jahren sieben Grundsätze formuliert, die die Grundlage unseres Tuns sind: Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit und Universalität. Sie gelten für uns alle – hier in Krefeld und weltweit in den zahlreichen Ortsorganisationen des Roten Kreuzes, des Roten Halbmonds und des Roten Davidsstern. Nach den Ereignissen der vergangenen Jahre halte ich persönlich heute unser Prinzip der neutralen Hilfe für jeden Menschen allein nach dem Maß der Not für noch wichtiger als früher. Unsere Arbeit wird ganz wesentlich vom Humanitären Völkerrecht (HVR) bestimmt. Das klingt abstrakt, aber es ist täglich präsent – gerade in der heutigen Zeit mit zahlreichen internationalen Konflikten. Für uns sind neben dem Grundsatz der Menschlichkeit absolute Neutralität und Unparteilichkeit das oberste Gebot.

 

Frage: Was bedeutet das?

S. Hilcker: Wir helfen jeder Person, unabhängig von Herkunft, Glaube und Ethnizität und auch davon, welcher Konfliktpartei sie angehört. Das Kernstück des HVR sind die Genfer Abkommen von 1949, auch Genfer Konventionen genannt, und ihre Zusatzprotokolle. Die Genfer Konventionen wurden bislang von 196 Staaten weltweit ratifiziert und schützen ein breites Spektrum von Personen vor Grausamkeit und Unmenschlichkeit sowie Güter vor Zerstörung. Der Rotkreuz-Gründer Henry Dunant wurde 1859 Zeuge der blutigen Schlacht zwischen Österreichern, Franzosen und Italienern bei Solferino. Er musste erleben, dass rund 40.000 Opfer unversorgt auf dem Schlachtfeld zurückblieben. Auf seine Initiative hin einigten sich 1864 in Genf 16 Staaten auf erste Regeln und das Rote Kreuz als Schutzzeichen. Seitdem ist auch in bewaffneten Konflikten niemand völlig schutzlos.

 

Frage: Wie steht das DRK zu den heutigen Konflikten?

S. Hilcker: Dunants Idee einer neutralen Hilfsgesellschaft, die im Kriegsfall alle Verwundeten gleichermaßen betreut, bestimmt die Arbeit des Roten Kreuzes bis heute. Deshalb wird das DRK in keinem bewaffneten Konflikt Stellung beziehen, denn das einzig Entscheidende ist die Hilfe nach dem Maß der Not. Um notleidenden Menschen in bewaffneten Konflikten helfen und Menschenleben retten zu können, sind Vertrauen und Akzeptanz die Basis – sowohl bei der Zivilbevölkerung als insbesondere bei allen beteiligten Konfliktparteien. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns auf keine Seite stellen. Diese Einstellung ermöglicht es uns, mit allen Beteiligten im Dialog zu bleiben, um Menschen zu helfen. Aber Neutralität hat ja auch für uns hier in Krefeld im Alltag eine ganz wichtige Komponente, darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen.

 

Frage: Was meinen Sie damit?

S. Hilcker: Not ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig – man muss nicht auf andere Länder sehen. Was ist denn, wenn in der Krefelder Fußgängerzone ein Mensch einen gesundheitlichen Notfall hat? Auch dann zählt für uns nur, dass wir unsere Helfenden so schulen, dass sie Hilfe leisten können. Oder was ist mit den Menschen, die den Halt in unserer Gesellschaft verloren haben, die auf der Straße leben oder die Drogen konsumieren? Auch das ist „Not“ – und auch da helfen wir. Wer möchte sich ein Urteil darüber erlauben, warum ein Mensch in Not gerät? Ich bin zum Beispiel stolz auf die Arbeit, die das DRK im medizinischen Bereich am Drogenhilfezentrum leistet: Hier helfen Krefelder/-innen anderen Menschen aus unserer Stadt. Oder stellen Sie sich einen Kreislauf-Kollaps beim Flachsmarkt oder bei einem KFC-Spiel vor – diese Not des betroffenen Menschen soll schnell gelindert werden. Aber auch wir brauchen Hilfe, das ist auch sehr klar

 

Frage: Wie kann man Ihnen helfen Menschen zu helfen?

S. Hilcker: Da ist zuerst die ganz praktische Hilfe über die Erste Hilfe-Maßnahmen, die am besten jeder beherrscht. Diese Kenntnisse kann man leicht an einem Tag in einem Kurs beim DRK oder anderen Hilfsorganisationen erwerben. Dann ist da das ehrenamtliche Engagement, für das ich werbe. Es gibt bei uns viele Möglichkeiten, sich zu engagieren – den ehrenamtlichen Sanitätsdienst, in der Rettungshundestaffel oder in der Kleiderkammer u.v.m. Seit rund einem Jahr haben wir in der Krefelder Geschäftsstelle eine Bildungsakademie, die verschiedene Ausbildungen anbietet: Ein Kurs (19 Termine) qualifiziert zum Rettungshelfer, dann gibt es Fortbildung oder die umfassende Ausbildung zum Rettungssanitäter. Es gibt auch andere Wege: Werden Sie Blutspender/-in oder ein Fördermitglied in unserem Kreisverband. So helfen Sie, unsere Hilfe in Krefeld und in der Welt zu finanzieren. Die Höhe einer Fördermitgliedschaft kann jeder über einen monatlichen Beitrag selbst wählen. Und weil Hilfe nicht nur in eine Richtung geht, hat jedes Fördermitglied Möglichkeiten Hilfe bei uns zu erfragen – zum Beispiel bei einer Erkrankung oder einem Unfall im Urlaub.

 

Frage: Was heißt das?

S. Hilcker: Das DRK unterhält einen weltweiten Flug-/Rückholdienst. Dem ist der Krefelder Kreisverband angeschlossen. Auch Fördermitglieder sind durch eine Kranken-Rücktransport-Versicherung für den Fall abgesichert, dass ein Notfall im Ausland eintritt und eine Verlegung nach Deutschland zur besseren medizinischen Versorgung notwendig ist. Diese Kosten tragen die gesetzlichen Krankenkassen selbst im medizinischen Notfall nicht. Das gilt schon für einen Flug z.B. von Mallorca nach Nürnberg – er würde ca. 12.500 € kosten. Denn auch dann gilt: „Hilfe nach dem Maß der Not“.


Infos zu allen Angeboten des DRK Kreisverbandes Krefeld gibt es auf www.drk-krefeld.de
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