v.l. der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Berger und Gerd Drüten, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion (Fotos: privat)
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Dinslaken/Kreis Wesel. Der Kreis Wesel wird keinen 500.000 Euro-Zuschuss für den Betrieb der Straßenbahnlinie 903 in Dinslaken zahlen. Das entschied die Dreier-Kooperation aus CDU, Bündnis 90/Die Grünen sowie FDP/VWG als politische Mehrheit im Kreis-Parlament und folgte damit einer Vorlage der Kreisverwaltung. Auch die CDU-Kreistagsmitglieder aus Dinslaken tragen diesen Beschluss. Denn diese Entscheidung sei richtig und fair. Und im Ergebnis bringe die Politik der Kooperation auch den Menschen in Dinslaken konkrete Hilfe.

Die drei christdemokratischen Abgeordneten aus Dinslaken Heike Terhoff, Heinrich Vahnenbruck und Reinhold Butzkies sind sich einig: Das war keine leichte Entscheidung. Denn sie bedeutet am Ende, dass die Stadt Dinslaken für den Straßenbahnbetrieb zahlen muss. Aber Entscheidungen in der Politik müssen richtig sein, man darf sie sich nicht leicht machen in der Hoffnung, in der Öffentlichkeit besser dazustehen.

Genau diesen Vorwurf müsse sich die SPD laut den Christdemokraten gefallen lassen: “Im Kreisausschuss waren nämlich auch die Genossen noch Seit‘ an Seit‘ mit der Kooperation und hatten den Zuschuss für die Linie 903 mit klaren Worten abgelehnt. Die Sozialdemokraten warnten sogar vor einem „Dammbruch“, der  bei einer Zustimmung drohe, weil er weitere Antragsteller geradezu ermuntere. Und dann, genau eine Woche später: die komplette Kehrtwende: Im Kreistag sagte die SPD plötzlich Ja zum Antrag der Linken, die 500.000 Euro vom Kreis an den Straßenbahnbetrieb schicken wollten. Die Kritik fiel entsprechend harsch aus: Die Genossen hätten offensichtlich Druck von den SPD-Leuten aus Dinslaken bekommen, seien eingeknickt und somit als „Hasenfüße“ entlarvt. Pikanterweise stimmte Landrat Dr. Ansgar Müller (SPD) mit den Genossen in seiner Fraktion sowie den Linken und damit gegen die Vorlage der von ihm selbst geführten Verwaltung. Das sei eine zulässige politische Entscheidung, vernahmen staunende Zuhörer im Kreistag die Argumentation des Landrats.”

Dabei sei das „Nein“ zum Zuschussantrag gut begründet, das Vorgehen beispielhaft transparent und kein Gutdünken – „die Vorlage der Kreisverwaltung ist erstklassig“, lobte CDU-Fraktionsvorsitzender Frank Berger. Beispielsweise hatte eine Fahrgastbefragung durch ein unabhängiges Fachunternehmen gezeigt, dass gerade einmal fünf Prozent der Passagiere die Linie 903 als überörtliche Verbindung nutzten. Alle anderen waren innerhalb der Stadt unterwegs. Schlussfolgerung: Diese Straßenbahn nutzt so gut wie ausschließlich Dinslaken. Es gibt keinen Grund, die 13 anderen Städte und Gemeinden im Kreis dafür zur Kasse zu bitten – denn einen Zuschuss des Kreises hätten genau diese Kommunen durch die Kreisumlage übernehmen müssen. Dabei sind sie finanziell alles andere als auf Rosen gebettet – sieben geht es so schlecht, dass sie sich den Regeln der Haushaltssicherung unterwerfen müssen. Dagegen könne sich Dinslaken noch eine Fülle freiwilliger Ausgaben gönnen.

Der Zwang zum Sparen sei in anderen Rathäusern längst bitterer Alltag. Aus Solidarität mit den Menschen in den betroffenen Kommunen habe das Dreierbündnis aus CDU, Bündnis 90/Die Grünen sowie FDP/VWG dafür gesorgt, dass beim Kreis freiwillige Leistungen sinnvoll zurückgefahren wurden und finanzielle Ressourcen für Pflichtaufgaben gebündelt werden. Eine solche Pflichtaufgabe sei der Betrieb der Straßenbahnlinie 903 sicher nicht. Auch ein Papier aus der Bezirksregierung lasse sich nicht so deuten. Dass die Kosten aus dem städtischen Haushalt zu zahlen sind, ist eine logische Konsequenz.

Die Ausgabendisziplin der Kreistagsmehrheit zahle sich nach Meinung der CDU-Fraktion auch für die Dinslakener in klingender Münze aus: Allein durch die Senkung des Umlage-Hebesatzes in diesem Jahr werde die Stadt um 1,54 Millionen Euro entlastet – rein rechnerisch ließe sich dadurch der Zuschuss für die Linie 903 gut drei Jahre lang finanzieren.

SPD setzt auf Solidarität und Ökologie

Die Jamaika-Kooperation aus CDU, Grünen und FDP/VWG winkte am letzten Donnerstag im Weseler Kreistag mit ihrer Stimmenmehrheit die umstrittene gesonderte ÖPNV-Umlage für die Finanzierung der Straßenbahnlinie 903 in Dinslaken durch – mit schwerwiegenden finanziellen Folgen für die Stadt Dinslaken.

“Damit untergräbt das konservative Lager wissentlich die jahrzehntelang praktizierte Solidarität der Kreis-Kommunen untereinander“, bedauert Gerd Drüten, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion.

In Ihrem Erlass vom 21.03.2019 stelle die Bezirksregierung Düsseldorf klar, dass der Straßenbahnlinie 903 überregionale Bedeutung zufällt. Selbst wenn die Stadt Dinslaken den Betrieb einstellen wollte, um die jährlichen Betriebskosten in Höhe von rund einer halben Millionen Euro einzusparen, würde sie dafür keine Erlaubnis von der Behörde erhalten.

“Sich da dann zurückzulehnen und die Stadt Dinslaken bei der Finanzierung im Regen stehen zu lassen, sei nicht Auffassung der SPD und zeuge nicht von praktizierter interkommunaler Solidarität“, betont Drüten.

Auch aus ökologischer Sicht sei diese Entscheidung nicht nach zu vollziehen, das Votum der Grünen verwundere in der Hinsicht die Genossen schon sehr. „Die Entscheidung der Grünen, sich in diesem Fall mit CDU und FDP gemein zu machen, grenzt fast schon an Selbstverleugnung“, kritisiert Drüten. Denn immerhin stehe das Abstimmungsverhalten der Kreistags-Grünen konträr zu ihrer im Wahlprogramm propagierten Forderung, den öffentlichen Personennahverkehr zu stärken und mehr Busse und Bahnen einzusetzen. „Meines Wissens fährt die SB 903 schon seit über hundert Jahren auf Schienen, dass dürfte auch für die Grünen keine neue Erkenntnis sein“.

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