Prof. Dr. Stefan Süß hat in einer Langzeitstudie die Arbeit im Homeoffice untersucht (Foto: Ivo Mayr / HHU)
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Düsseldorf. Seit 2010 befasst sich ein Team um den Düsseldorfer Betriebswirt Prof. Dr. Stefan Süß mit der flexiblen Gestaltung von Arbeit. Das Thema hat durch die umfassende Homeoffice-Nutzung während der Corona-Pandemie und die aktuelle Diskussion über ein Recht auf Homeoffice erheblich an Relevanz gewonnen. Eine aktuelle Panelstudie der Düsseldorfer Forscher verdeutlicht, dass sich seit Beginn der Pandemie bei Beschäftigten Veränderungen unter anderem in der Wahrnehmung von Stress, Work-Life-Balance und Produktivität ergeben haben. Interessante Unterschiede bestehen hier zwischen den Beschäftigten, die im Homeoffice tätig sind, und jenen, die im Büro arbeiten.

Die erste Datenerhebung erfolgte im April 2020, die zweite im September 2020. Zu den Ergebnissen sagt Studienleiter Professor Süß: „Seit der ersten Messung zu Beginn der Corona-Pandemie hat sich das allgemeine Stressempfinden im Durchschnitt kaum verändert. Es lässt sich jedoch feststellen, dass diejenigen Befragten, die über den Sommer hinweg vollständig ins Büro zurückgekehrt sind, signifikant weniger Stress empfinden, als jene, die überwiegend im Homeoffice arbeiten.“

Wie einzelne Beschäftigte Stress wahrnehmen, hängt dabei maßgeblich von dem individuellen Wunsch, klare Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen, ab. Probleme hinsichtlich der Arbeitsumgebung im Homeoffice sowie soziale Isolation verstärken das Stressempfinden. Bietet der Arbeitgeber hingegen Unterstützung, zum Beispiel in Form von Hilfe bei individuellen Problemen der Beschäftigten, kann das den Stress verringern. Auch sinkt das Stressempfinden mit zunehmendem Alter der Befragten.

Durchschnittlich haben sich die Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben seit der ersten Erhebung im Frühjahr in geringem Ausmaß erhöht. Allerdings lässt sich laut Professor Süß auch hier feststellen, „dass die Arbeit im Homeoffice vergleichsweise mehr Konfliktpotenziale bietet.“ Dieses resultiert aus Problemen im heimischen Büro, wie zum Beispiel Ablenkung und erhöhte Lautstärke durch andere Familienangehörige, spielen hier eine entscheidende Rolle.

Von den Beschäftigten selbst werden weniger Konflikte wahrgenommen, wenn sie den Umgang ihrer Organisation mit der Corona-Pandemie positiv bewerten und generell eine hohe Lebenszufriedenheit aufweisen.

Zur Produktivität der Beschäftigten sagt Professor Süß: „Die selbsteingeschätzte Produktivität der Befragten ist seit Beginn der Pandemie durchschnittlich um über sieben Prozent angestiegen und hat sich an das Vorkrisenniveau angenähert.“ Auffällig ist, dass Menschen im Homeoffice ihre Produktivität signifikant höher einschätzen, als jene, die zwischenzeitlich wieder vollständig ins Büro zurückgekehrt waren. Vor dem Hintergrund des erhöhten Stressempfindens, der wahrgenommenen Konflikte und der sozialen Isolation im Homeoffice ist dies durchaus überraschend. Dies könnte jedoch damit zusammenhängen, dass Beschäftigte im Homeoffice tendenziell mehr arbeiten und damit ihre Gesamtproduktivität steigern.

Vorgehensweise der Studie

Eine erste Befragungswelle fand zwischen dem 07.04.2020 und dem 09.05.2020 statt. Es wurden 1.027 Teilnehmer aus verschiedenen Organisationen und Branchen befragt. An einer zweiten Befragungswelle vom 10.09.2020 bis 12.10.2020 haben 641 Befragte teilgenommen. Die 302 Studienteilnehmer, die zu beiden Zeitpunkten teilgenommen haben, bilden das Panel. Der öffentliche Dienst ist dabei stärker vertreten als Privatunternehmen. Die Probanden wurden gebeten, Einschätzungen über ihre gegenwärtige Arbeitssituation abzugeben und Fragen zu aktuellen Empfindungen zu beantworten.

Die Studie an der Heinrich-Heine-Universität wurde am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Arbeit, Personal und Organisation durchgeführt von Prof. Dr. Stefan Süß, Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, PD Dr. Sascha Ruhle sowie René Schmoll.

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