Dr. Christiane Florin, Dr. Irme Stetter-Karp und Moderator Ingo Brüggenjürgen (v.l.n.r.) überzeugten auf der Bühne des Augustinus Forums mit markigen Worten und steilen Thesen (Foto: © St. Augustinus Gruppe)
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Neuss. „Es ist nicht möglich zu sagen: da war doch gar nichts“

Zum Beginn des Augustinus Forums stand eine Abstimmung per Handzeichen: „Beim Synodalen Weg hätte viel mehr rauskommen können“, meinte die überwiegende Mehrheit der rund 400 Gäste in der Mehrzweckhalle des Alexius/Josef Krankenhauses auf die Frage von Moderator Ingo Brüggenjürgen, im Hauptberuf Chefredakteur des Domradios. Am Ende des anregenden Abends gab es ausgesprochen langanhaltenden Applaus. Dazwischen: 90 Minuten Diskussion – höchst unterhaltsam und auf höchsten Niveau.

Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralrats der deutschen Katholiken, und die Journalistin Dr. Christiane Florin ordneten die Ergebnisse des Synodalen Weges der katholischen Kirche kontrovers ein. Besonders die Rolle der mächtigen Bischöfe rückte immer wieder in den Mittelpunkt: „Das war keine Augenhöhe, das war Augenwischerei“, war Florin überzeugt. Die Kirchenführer in Rom, aber auch die deutschen Bischöfe würden substanziell niemals auf Macht verzichten wollen, die Strukturen blieben gegenüber Laien und besonders Frauen diskriminierend. Dass es sich bei den Veränderungsprozessen in der katholischen Kirche um „einen steinigen Acker“ handelt, gab Stetter-Karp unumwunden zu. Aber ein Teil der Bischöfe habe dazugelernt und die Kommunikationsverweigerung gesenkt. Der Synodale Weg sei eine Startrampe gewesen, von der aus es nun weitergehen müsse: „Was wir geschafft haben, war den Rückwärtsgang rauszunehmen. Diesen Geist bekommen wir nicht mehr zurück in die Flasche“, so Stetter-Karp. Weniger optimistisch zeigte sich da die aus der Kirche ausgetretene Buchautorin Florin. Es ginge nicht um Argumente, sondern um Macht: „Das war ein Gehen im Kreis, ein Rundweg – aber es geht nicht voran. Das System kollabiert! Wie viel Zeit glaubt die katholische Kirche denn hätte sie noch?

Immer wieder unterbrochen von Applaus setzten die Diskutierenden und ihr Moderator markige Worte, steile Thesen und interessante Vergleiche – zum Beispiel mit der Kirche als Lindenstraßen-Seifenoper oder dem Synodalen Weg als sportlichem Spagat. Und besonders laut geklatscht wurde bei Florins Frage, wo außerhalb der katholischen Kirche denn bitte sonst Männer heute noch so ungestört Karriere machen könnten.

Umrahmt wurden die Diskussion, die anschließenden Wortbeiträge aus dem Publikum und die zusammenfassenden Worte von Dr. Michael Schlagheck als Leiter des Augustinus Forums von Kirchenmusiker Gregor Linßen und seinem tollen Chor Alcanto. Aber die Frage des Abends konnten auch die inhaltlich passenden Lieder nicht beantworten: Dient die Institution Kirche der Botschaft, die sie verkündet?

Das nächste Augustinus Forum findet statt am 17. August 2023, zum Thema Transformation und Nachhaltigkeit – wie immer in Neuss, in der Mehrzweckhalle des Alexius/Josef Krankenhauses. Gast der Stiftung der Neusser Augustinerinnen – Cor unum, die das Augustinus Forum ausrichtet, sind dann unter anderem NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer NRW.

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