(v.l.n.r.): stellv. Vorsitzender Stefan Hennig, 1. Vorsitzender Dr. Ralf Peppmüller, Beisitzer Rainer Suhr, Friedensdorf-Leiterin Birgit Stifter, Schriftführerin Annegret Hübbers, stellv. Friedensdorf-Leiter Thomas Killmann und Schatzmeister Klaus Wieprecht (Foto: Friedensdorf International)
Anzeigen

Oberhausen/Dinslaken. Am Samstag, den 27. Mai 2023, fand die Mitgliederversammlung der Aktion Friedensdorf e.V. in der Dinslakener Zentralstelle statt. Gemeinsam blickten die Mitglieder auf das vergangene Vereinsjahr zurück, das ein weiteres, herausforderndes Jahr war. Im Angesicht neuer Kriege und Krisen musste sich der Verein 2022 flexibel zeigen und konnte nur dank verlässlicher und starker Projektpartner gezielt und akut dort helfen, wo Hilfe am dringendsten nötig war.

Bei den Vorstandwahlen durch die Mitglieder wurden der 1. Vorsitzende Dr. Ralf Peppmüller, Schatzmeister Klaus Wieprecht sowie Beisitzer Rainer Suhr wiedergewählt.

Das Haushaltsjahr 2022 schließt der Verein mit einem Bilanzgewinn von rund zwei Millionen Euro ab. Trotz Energiekrise und hoher Inflation bleiben viele Spenderinnen und Spender dem Friedensdorf treu. Das Friedensdorf ist dankbar, dass so viele helfende Hände den Verein stabil halten.

Mit Beginn des Jahres 2022 waren die weltweiten Einschränkungen durch die Corona-Pandemie größtenteils überwunden. Ganz im Gegensatz zu Krisen und Konflikten. Der Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen stellten der Friedensdorf-Arbeit neue Hürden in den Weg. Die Pandemie hatte den Verein jedoch gelehrt, flexibel zu agieren. So wurde auch 2022 jeder Augenblick genutzt, dem Satzungsauftrag des Vereins nachzukommen und die medizinische Einzelfallhilfe sowie die weltweite Projektarbeit fortzuführen. Letztere konnte 2022 sogar stark ausgebaut werden. Möglich war dies nur in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den jeweiligen Partnerorganisationen. Auch das Friedensdorf-Bildungswerk verwirklichte seinen friedenspädagogischen Auftrag mit vielen erfolgreichen Projekten – und dies größtenteils wieder in persona.

Schon 2021 hatte sich das Friedensdorf darüber gefreut, im Rahmen der Einzelfallhilfe wieder mehr verletzte und kranke Kinder aufgenommen zu haben als im Jahr zuvor. Die Hoffnung, dass sich die Bedingungen 2022 weiter verbessern und noch größere Patientengruppen nach Deutschland geflogen werden können, erfüllte sich: Insgesamt kamen 236 Kinder aus neun Nationen (Afghanistan, Angola, Gambia, Irak/Kurdistan, Kirgistan, Tadschikistan, Usbekistan und Uganda) zu medizinischen Behandlungen nach Deutschland (Vorjahr: 122). Einige von ihnen profitieren von dem Medizin-Zentrum am Standort Oberhausen, in dessen Eingriffsraum ambulante Operationen durch ehrenamtlich tätige Ärzte und Ärztinnen durchgeführt werden. Dort fanden 2022 67 Operationen statt.

Im März und im November 2022 erfolgte mit 89 und 54 verletzten und kranken Kindern aus Afghanistan die Aufnahme der größten Kindergruppen. Im Oktober wurden zudem 43 Patient*innen aus Angola mit einer Chartermaschine nach Deutschland geflogen. Im Rahmen der neuen Kooperation mit der „Barzani Charity Foundation“ (BCF) konnten ebenfalls im Oktober erstmals neun Mädchen und Jungen aus der autonomen Region Kurdistan im Nordirak in Begleitung des Partners nach Deutschland kommen. Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich heimgekehrten Kinder befinden sich aktuell insgesamt 163 Kinder in der Obhut des Friedensdorfes.

Solch positive Entwicklungen gab es auch in der Projektarbeit. Die Ausgangslage war im Angesicht des Ukraine-Kriegs nicht leicht: Die immensen Preissteigerungen, vor allem für Grundnahrungsmittel, verschärften die Not der Ärmsten, und besonders die der Kinder, in allen Partnerländern des Friedensdorfes.

Die Preissteigerungen für Lebensmittel stellten in Afghanistan die Speerspitze der katastrophalen humanitären Versorgungslage im Land dar. Eine beispiellose Hungerkatastrophe bedroht das Leben von Millionen Kindern und ihren Familien. Wie der afghanische Partner des Friedensdorfes, der „Afghanische Rote Halbmond“ (ARCS) schätzt, leiden 9 von 10 Familien an Hunger. Über seine landesweiten Außenstellen ist der ARCS täglich Zeuge des Überlebenskampfes der Afghanen. Friedensdorf International machte es gemeinsam mit dem Roten Halbmond möglich, 2022 insgesamt 13.000 Lebensmittelpakete in fünf großen Lieferungen an afghanische Familien zu verteilen.

Mit nährstoffreichen Fischkonserven konnte Friedendorf International um Ostern 2023 zusätzlich hungernde Familien in Afghanistan unterstützen. Möglich war dies nur durch eine Sammelaktion, mit der das Friedensdorf Spenderinnen und Spender um die Abgabe von handelsüblichen Fischdosen gebeten hatte.

Auch beispielsweise in Angola, Kambodscha und Tadschikistan wissen viele Familien nicht mehr, wie sie sich und ihre Kinder ernähren sollen. In zuletzt genannten Ländern finanzierte das Friedensdorf 2022 ebenfalls Lebensmittelverteilungen. So auch im Irak. Mit dem neuen Partner, der „Barzani Charity Foundation“, konnte das Friedensdorf sogar mehrmals akute Hilfe leisten. Nachdem im Mai 2022 1.200 Lebensmittelpakete für geflüchtete ezidische Familien finanziert und in den Flüchtlingscamps der BCF von Helfer*innen der Organisation verteilt werden konnten, half das Friedensdorf auch im Angesicht des Erdbebenunglücks im türkisch-syrischen Grenzgebiet im Februar 2023. Neben Lebensmitteln wurden auch Kleidung und Decken finanziert. Diese Hilfsgüter konnten Innerhalb weniger Tage von der BCF in die nordsyrische Krisenregion Afrin gebracht und an hilfsbedürftige Familien verteilt werden. Diese Soforthilfe sowie die medizinische Hilfe für irakisch-kurdische Kinder würdigte eine Delegation der „Barzani Charity Foundation“ bei einem Besuch im Friedensdorf im April.

2022 konnte das Friedensdorf seine Partnerländer aber nicht nur mit Lebensmitteln, sondern erneut mit Medikamenten, Kleidung und medizinischen Hilfsgütern versorgen. Dabei trafen die enormen Preissteigerungen die Hilfsorganisation selbst enorm. Denn Logistikkosten schnellten in die Höhe, die Planung von Hilfsgütertransporten wurde durch Lieferverzögerungen erheblich erschwert. Somit war es für den Verein ein notwendiger Schritt, besonders hinsichtlich der Hilfsgüterlieferungen, neue Wege zu gehen: „2022 hat sich mit Blick auf die Projekthilfe erneut gezeigt, dass es sinnvoll ist, Projekte vor Ort zu finanzieren und die Aus- bzw. Durchführung in die Hände unserer Partnerorganisation zu geben“, erklärt Friedensdorf-Leiterin Birgit Stifter. „Bei Lebensmittelhilfen, wie wir sie z.B. für Afghanistan und Tadschikistan durchgeführt haben, wurden die Grundnahrungsmittel lokal erworben, verpackt und verteilt. So konnten nicht nur zeitweise Arbeitsplätze geschaffen, sondern auch die heimische Wirtschaft gestärkt werden. Auch zukünftig werden wir so verfahren, um effektiv Hilfe leisten zu können.“

Auch in diesem Jahr gedachten die Mitglieder der Mitgliederversammlung den Opfern von Kriegs- und Krisengebieten weltweit mit einer Schweigeminute und gingen erneut mit dem Wunsch auseinander, dass die Zukunft von Millionen von Kindern nicht auf Krieg und Leid gebaut wird. Dieses Ziel zu erreichen, dazu wird das Friedensdorf auch künftig gemeinsam mit seinen Unterstützern und Partnern seinen Teil beitragen.

Beitrag drucken
Anzeige