v.l.: Sandra Franz, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle der Stadt Krefeld, Franziska Peusti (Mitarbeiterin Dokumentationsstelle), Bürgermeister Karsten Ludwig (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, D. Jochmann)
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Krefeld. Geschichts-Container „Stolen Memory” kann kostenfrei besucht werden

Wer in ein Konzentrationslager der Nationalsozialisten gesperrt wurde, musste seine persönlichen Gegenstände abgeben. „Effekte” nannten die Nazis dieses Eigentum, dass sie gut dokumentiert verwahrten. Nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckten die Alliierten solche Bestände, die nicht mehr allen NS-Opfern zurückgegeben werden konnten. Rund 2.500 dieser „Effekte” befinden sich noch im nordhessischen Arolsen Archiv. Es nahm 1948 als „International Tracing Service” seine europaweite Such- und Dokumentationsarbeit auf. „Wir haben bis heute die Aufgabe, die Familie und Verwandte der Menschen zu finden und ihnen diese Gegenstände zu übergeben”, so Dr. Anke Münster vom Arolsen Archiv, das 2019 diese Aufgabe übernahm. Dazu zählen auch Unterlagen von Robert Genenger. „Wir wissen, dass er in Krefeld geboren wurde. Er hat mindestens vier Konzentrationslager überlebt, darunter Buchenwald und Dachau”, berichtet Münster.

Angehörige von Robert Genenger aus Krefeld werden gesucht

Robert Genenger wurde am 1. Januar 1887 in Krefeld geboren. Seine Eltern hießen Friedrich und Emilie. Die Kripo Berlin nahm den Dachdecker am 19. April 1941 wegen angeblicher „Arbeitsverweigerung” fest. Nach fünfmonatiger Haft im Gefängnis in Berlin-Spandau wurde er ab September 1941 in „Schutzhaft” festgehalten – ohne Gerichtsverfahren und unbefristet. Die SS deportierte ihn am 18. November 1941 in das Konzentrationslager Buchenwald, stempelte ihn als „Berufsverbrecher” ab und teilte ihn der Strafkompanie zu. Im März 1942 transportierten die Nationalsozialisten Genenger zunächst in das KZ Ravensbrück, später in das KZ Sachsenhausen. Mitte November 1942 wurde er in das KZ Dachau überstellt, wo er die Häftlingsnummer 39743 erhielt. Robert Genenger überlebte die jahrelange unmenschliche Lagerhaft und gab Ende Mai 1945 gegenüber den Alliierten an, wieder in Berlin leben zu wollen. Im Arolsen Archiv befindet sich unter anderem sein Arbeitsbuch und Dokumente.

Bis zum 14. November kann der Container besichtigt werden

Die Geschichte von NS-Opfern wird nun bis Dienstag, 14. November, in einem Geschichts-Container des Arolsen Archivs unter dem Titel „Stolen Memory” (Gestohlene Erinnerung) vor dem Rathaus auf dem Von-der-Leyen-Platz erzählt. Auf Initiative der Krefelder NS-Dokumentationsstelle kam das Projekt in die Stadt und kann jeden Tag von 10 bis 18 Uhr – auch an Sonn- und Feiertagen – kostenfrei besucht werden. „Über QR-Code erhalten Besucher auch weitere Informationen”, sagt Sandra Franz, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle. Sie hofft, dass sich die Geschichte von Robert Genenger durch vielleicht noch in Krefeld lebende Verwandte klären lässt. Oft wüssten die Familien nichts von dem wahren Schicksal ihrer Verwandten, so Münster. „Viele erfahren erst so von den Geschichten, weil in den Familien auch nicht darüber gesprochen wurde”, erklärt Münster. Manche Menschen seien während des Zweiten Weltkriegs einfach verschwunden – durch die Rückgabe von den „Effekten” können sich aber immer wieder solche Schicksale aufklären. Eine Übersichtskarte mit gelösten und ungelösten Fällen steht unter www.arolsen-archives.org/map-stolenmemory/#5/50.870/3.685.

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