Mit über 80 Gästen war die Veranstaltung bestens besucht (Foto: AWO)

Kamp-Lintfort. Mit über 80 Gästen war die Veranstaltung „Frauen als Spielball der Politik“ im Schirrhof bestens besucht. „Ich freue mich sehr über die große Resonanz“, so Behnaaz Jansen von der Integrationsagentur Kamp-Lintfort des AWO Kreisverbandes Wesel. Anlässlich des Weltfrauentages fand eine besondere Veranstaltung auf dem ehemaligen Zechengelände statt: Autorin und Ethnologin Shikiba Babori sprach über die Entwicklungen der Frauenrechte in Afghanistan in den vergangenen 50 Jahren. Ihr Buch mit dem Titel „Afghaninnen – Spielball der Politik“ spielte dabei eine große Rolle.

Nach einer Begrüßung fand ein informatives, aber auch emotionales Interview mit Shikiba Babori statt, das Olga Weinknecht, Leitung des Fachbereiches Beratung, Inklusion und Innovation beim AWO KV Wesel, führte. Weinknecht: „Unser Gespräch heute haben wir nach Ihrem Buch „Afghaninnen als Spielball der Politik“ genannt. Kennen Afghaninnen das Datum des Internationalen Frauentag. Wenn ja, was verbinden sie mit diesem Tag?“ Shikiba Babori: „Ja, Afghaninnen kennen den Internationalen Frauentag, und er wurde sowohl vor der Machtübernahme der Taliban als auch nach ihrer Rückkehr zu einem Symbol für Frauenrechte und Gleichstellung. Allerdings ist die Bedeutung und Wahrnehmung dieses Tages in Afghanistan immer von den politischen Umständen und dem sozialen Kontext abhängig. Während der ersten Taliban-Herrschaft (1996-2001) wurde der Internationale Frauentag verboten und jegliche Feierlichkeiten oder öffentliche Veranstaltungen, die sich mit den Rechten der Frauen beschäftigten, unterdrückt.“ Zusammengefasst ließe sich sagen, so Babori, dass der Internationale Frauentag für Afghaninnen ein Tag des Gedenkens, des Widerstands und der Hoffnung bliebe – trotz der schwierigen politischen und gesellschaftlichen Lage.

Des weiteren ging Olga Weinknecht auf die im Buch beschriebenen populären weiblichen Persönlichkeiten in Afghanistan ein, verbunden mit der Frage, welche davon die Autorin am meisten beeindruckt hätten. Shikiba Babori: „Ich könnte viele bekannte Namen nennen. Aber besonders haben mich immer die Revolutionen der „kleinen Frau“ beeindruckt, alltägliche Situationen, in denen sich Frauen behauptet haben.“

Behnaaz Jansen machte im Anschluss auf das Schicksal vieler afghanischer Mädchen aufmerksam: „Bacha Posh“ ist ein Brauch in der Landessprache Dari, bei dem kleine Mädchen als Jungen verkleidet werden. Frauen können sich so, in Begleitung einer „männlichen“ Person, freier in der Öffentlichkeit bewegen. Oder, Mädchen können auch in den Betrieben ihrer Eltern als Junge arbeiten. Damit versuchten die Familien der „Schande“ zu entgehen, keine Söhne zu haben. Die „falschen Jungen“ konnten so weitestgehend eine normale Kindheit erleben. Shikiba Babori hatte 2014 zu diesem Thema eine Dokumentation für ARTE TV und später auch für den WDR zusammengestellt. Babori blickt zurück: „Wir hatten für den Film eine Familie gefunden, die elf Mädchen hatte. Das macht natürlich auch etwas mit den jungen Frauen.“ Einige seien traumatisiert, andere hätten es besser verpackt. Der Wunsch, sich weiblich zu kleiden wäre bei den einen ausgeprägter gewesen, als bei den anderen, die von der Jungenkleidung eher profitiert hätten.

Nach dem gut einstündigen Interview, hatte das Publikum die Möglichkeit mit der Autorin in den Austausch zu treten und zu diskutieren. So kam zum Beispiel die grundlegende Frage einer Dame aus dem Publikum zustande „Wie kann man den afghanischen Frauen helfen?“ Die Autorin dazu: „Da fällt mir vor allem die Hilfsorganisation „Medica Mondiale“ ein, aber auch viele weitere Einrichtungen.” Behnaaz Jansen unterstrich noch einmal die Bedeutung der Integrationsagenturen Moers und Kamp-Lintfort des AWO KV Wesel sowie weitere Beratungsangebote der AWO.

Die Veranstaltung war eine Kooperation zwischen den Integrationsagenturen Moers und Kamp-Lintfort des AWO KV Wesel, der Stadt Moers, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Kreis Wesel, dem Landesprogramm NRWeltoffen, gefördert von der Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus und Rassismus (lks.nrw).

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