Laudatorin Susanne Thywissen (IHK-Vizepräsidentin, Live-/Unternehmenskommunikation, l.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz (r.) gratulierten den Siegern der Kategorie „Kleine Unternehmen“ (v.l.n.r.): Beate Leiders und Christoph Leiders (Stautenhof Beate Leiders e.K.), Dr. Heinz Pudleiner und Gunter Archinger (SV Bayer Uerdingen e.V.) sowie Caroline Hartmann-Serve und Marko Richter-Kraks (Rechenzentrum Hartmann GmbH & Co. KG) (Foto: IHK)
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Krefeld. Vier Krefelder Unternehmen überzeugten bei der Premiere: Zum ersten Mal hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein Firmen für ein besonders innovatives Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) im Kammerbezirk ausgezeichnet. Zur Preisverleihung kamen rund 100 Gäste in die IHK. Diese vier Betriebe aus Krefeld konnten sich Preise sichern: die Laufenberg GmbH, die Solenis Technologies Germany GmbH, die Alberdingk Boley GmbH und der Schwimmverein Bayer Uerdingen 08 e.V..

Um für das wichtige Thema BGM zu werben und Best-Practice-Beispiele der Öffentlichkeit vorzustellen, hatte die IHK den Wettbewerb „BGM-Preis Mittlerer Niederrhein“ ausgelobt. Mit dieser Auszeichnung würdigt sie Mitgliedsunternehmen, die sich mit kreativen Maßnahmen umfassend, systematisch und nachhaltig für ihr Betriebliches Gesundheitsmanagement einsetzen. Eine unabhängige Expertenjury hatte die Sieger in drei Kategorien – kleine, mittlere und große Unternehmen – ausgewählt. „Das Betriebliche Gesundheitsmanagement ist für uns ein wichtiges Thema“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz zur Begrüßung. „Damit sorgen Unternehmen nicht nur dafür, dass ihre Arbeitskräfte in Zeiten eines demografischen Wandels arbeits- und leistungsfähig bleiben. Sie signalisieren potenziellen Arbeitnehmern auch, dass der Betrieb mitarbeiterfreundlich agiert.“

Zur Einstimmung sensibilisierte Keynote Speaker Babak Rafati die Gäste für das Thema und sprach über die Bedeutung der Gesundheit für ein erfolgreiches Arbeiten. „Brennen statt auszubrennen“ lautete der Titel seines Vortrags. Der gelernte Bankkaufmann war lange Zeit in Führungspositionen tätig und viele Jahre FIFA- und Bundesligaschiedsrichter, bis er 2011 versuchte, sich unmittelbar vor einem Bundesligaspiel in einem Hotelzimmer das Leben zu nehmen. In seinem sehr offenen und persönlichen Vortrag schilderte Rafati, wie eine 18-monatige Lebenskrise und eine schwere Depression ihn zu dieser Verzweiflungstat geführt hatten. „Was sind die Ursachen für Stress? Der Job? Der Chef? Der Leistungsdruck? Oder sind wir es selbst?“, fragte Rafati. „Ich bin ein Paradebeispiel für falsches Verhalten.“ Eindrucksvoll schilderte der ehemalige Top-Schiedsrichter, wie er den Weg aus der Krise gefunden hat: „Eine feste emotionale Basis durch die Unterstützung meiner Frau und eine Therapie haben mir letztlich das Leben gerettet.“ Stress habe er nach wie vor – aber heute wisse er, wie er damit umzugehen habe. Rafati hielt ein Plädoyer für ein „Change Management zu einer starken Selbstführung“ und vermittelte seine Strategien für ein Stressmanagement: „Achten Sie auf Gleichgewicht, Balance, klare Kommunikation und Selbstbestimmung. Lassen Sie sich nicht von anderen treiben und achten Sie darauf, was ihnen guttut.“ Rafati appellierte an die Unternehmer: „Kümmern Sie sich um die psychische Gesundheit Ihrer Mitarbeiter, Betriebliches Gesundheitsmanagement bedeutet Wertschätzung der Mitarbeiter – sie werden es Ihnen zurückzahlen.“

Anschließend hielt Prof. Dr. Lutz Packebusch vom Institut für Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Gesundheitsförderung und Effizienz der Hochschule Niederrhein (A.U.G.E.) die Laudatio für die Kategorie „Mittlere Unternehmen“. Er gratulierte Laufenberg zum ersten Preis sowie der Solenis Technologies Germany und Alberdingk Boley jeweils zum dritten Preis.

„Das Unternehmen Laufenberg ist sehr genau auf das Arbeitsumfeld der Mitarbeiter eingegangen“, sagte Packebusch. Die mehr als 200 Mitarbeiter des Industrieunternehmens arbeiten unter ganz unterschiedlichen Bedingungen. Nach der Gründung eines Arbeitskreises „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ analysierte das Unternehmen, welchen möglichen Gesundheitsrisiken die Mitarbeiter in den verschiedenen Bereichen ausgesetzt sind. Anschließend ergriff das Unternehmen passgenaue Maßnahmen. Einerseits schaffte es diverse Hilfsmittel an, andererseits schulte es seine Mitarbeiter entsprechend, etwa wie man Lasten möglichst rückenschonend anhebt. „Dabei wurde nicht nur auf die Arbeitssicherheit geachtet. Das Arbeitsumfeld insgesamt wurde möglichst mitarbeiterfreundlich gestaltet – zum einen durch die Anpassung der Infrastruktur, zum anderen durch verschiedene sportliche und teamfördernde Angebote“, sagte Packebusch.

Ebenso systematisch hat sich auch die Solenis Technologies Germany GmbH der Sache angenommen. „Das Betriebliche Gesundheitsmanagement ist fester Bestandteil der Unternehmenskultur geworden und orientiert sich am klassischen Managementzyklus Plan-Do-Check-Act“, so Packebusch. Durch die strukturierte Vorgehensweise erkennt das Unternehmen schnell, wenn entwickelte Maßnahmen nicht angenommen und angepasst werden müssen und vor allem auch, ob die Maßnahmen Erfolge bringen. „So zeigte sich zum Beispiel sehr schnell, dass die Beteiligung der Produktionsmitarbeiter an Gesundheitsangebote sehr niedrig war“, berichtete der Laudator. „Dies lang an dem genau getakteten Arbeitsablauf, der wenig Raum für Flexibilität lässt.“ Daraufhin hat das Unternehmen Alternativmaßnahmen entwickelt, die für Schichtarbeiter direkt am Arbeitsplatz angeboten werden.

Am Betrieblichen Gesundheitsmanagement von Alberdingk Boley hat die Jury besonders die systematische Vorgehensweise des Unternehmens beeindruckt. Als Industrieunternehmen hat es bei der Einführung des BGM genau darauf geachtet, dass alle Abteilungen ein Mitspracherecht haben und so die jeweiligen Bedürfnisse berücksichtigt werden. „Denn ein Mitarbeiter in der Verwaltung, der viel sitzt und sich wenig bewegt, hat andere gesundheitliche Probleme als ein Mitarbeiter im Labor oder in der Produktion“, so Packebusch. Das Unternehmen hat die Jury dadurch überzeugt, dass es sich intensiv damit auseinandergesetzt hat, Angebote zu schaffen, die für alle Mitarbeiter zugänglich und durchführbar sind. „Denn Mitarbeiter im Schichtdienst müssen auch in die Lage versetzt werden, die Angebote überhaupt wahrnehmen zu können“, erklärte Packebusch. „Dafür war es notwendig, einen engen Austausch mit den einzelne Abteilungen zu pflegen und auf die Mitarbeiter einzugehen.“

In der Kategorie „Kleine Unternehmen“ wurde Bayer Uerdingen 08 e.V. mit dem dritten Preis ausgezeichnet. „Obwohl Sport das Kerngeschäft eines Unternehmens ist, bedeutet das noch lange nicht, dass sich das Unternehmen auch um das physische und psychische Wohlbefinden der eigenen Mitarbeiter kümmert“, sagte IHK-Vizepräsident Susanne Thywissen, die die Laudatio hielt. Die Geschäftsführung von Bayer Uerdingen 08 hat einen BGM-Ausschuss mit Vertretern aller Abteilungen ins Leben gerufen, um allen Bereichen eine Stimme zu geben. Außerdem stellte das Unternehmen einen Gesundheitskoordinator ein, der sich um die Organisation und die Durchführung von Maßnahmen kümmert. „Die Mitarbeiter werden bei der Entwicklung und der Auswertung von Maßnahmen miteinbezogen, damit möglichst passgenaue Angebote geschaffen werden können.“ Neben vielfältigen Sportangeboten bietet Bayer Uerdingen 08 viele Angebote für die Mitarbeiter zur Stärkung des Teamgeistes und zur Förderung der psychischen Gesundheit an.

Die IHK kündigte zudem eine neue BGM-Kampagne an: Im Rahmen der Initiative BGM@WORK startet eine Veranstaltungsreihe, um die Unternehmen in der Region für Betriebliches Gesundheitsmanagement zu sensibilisieren. Informationen über die Initiative BGM@WORK und Terminhinweise sind im Blog zu finden: www.gesundheitsmanagement-ihk.de

Laudator Prof. Lutz Packebusch (Hochschule Niederrhein, l.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz (r.) gratulierten den Siegern der Kategorie „Mittlere Unternehmen“ (v.l.n.r.): Luciana Pesch und Klaus Busam (Solenis Technologies Germany GmbH), Anja Bonnertz und Ralf Schwartz (Lackwerke Peters GmbH & Co. KG), Martina Bielen und Thomas Hackenberg (Alberdingk Boley GmbH) sowie Stephanie Soding und Jörg Soding (Laufenberg GmbH) (Foto: IHK)
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